Heute mal Systemkritik

Ich bin nicht stolz darauf recht zu behalten…gelogen, bin ich wohl! Ich kleiner Narzisst! Am Montag dieser Woche habe ich mir in meinem Corona Blog Gedanken gemacht, ob das, von Deutschland und anderen Ländern, favorisierte Modell ´Flatten the curve´, beziehungsweise sein buckliger Verwandter das Kontaktverbot, gegenüber dem Alternativmodell einer kontrollierten Durchseuchung, nicht zumindest ein paar diskussionswürdige Probleme haben könnte. Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch nicht ahnen können, dass die Politik, schon wenige Tage später sich genau mit der Frage beschäftigen würde, die mich da schon umgetrieben hat: Was passiert nach dem Kontaktverbot, das in absehbarer Zeit aufgehoben werden muss?

Wenn alle braven Bürger, die sich die ganze Zeit vor Ansteckung geschützt haben, wieder vor die Tür gehen, sagt sich dann das Corona Virus, dass soviel Engagement belohnt werden muss und verzieht sich wieder nach China? Sicher nicht! Es lauert hinter der nächsten Ecke oder wahlweise auf der nächsten Türklinke, um eine neue Infektionswelle zu starten. Nur zur Erinnerung, wenn man zwei Wochen auf der Bude gesessen hat, hat man maximal Fett gebildet, aber definitiv keine Antikörper für Covid19. Die Wahrscheinlichkeit, dass dann alles wieder von vorne losgeht, ist hoch, nur wird der Bürger und vor allem die Wirtschaft dieses Mal ein wenig panischer reagieren, wenn unsere Regierung erneut in die eigenen vier Wände bittet.

Armin Laschet hat den Anfang gemacht und stellt sich als erster gegen die Wischiwaschi Sichtweise der Bundesregierung die Gesundheitsminister Spahn mit den Worten manifestierte: ´Bei der Lockerung des Kontaktverbotes muss man von Tag zu Tag blicken`. Es wird langsam eingesehen, dass das undifferenzierte Runterfahren der Wirtschaft und Einsperren der Bevölkerung eventuell so schlau gewesen sein könnte, wie damals in Polen einzumarschieren. Es steht zu befürchten, dass sich spätestens an Ostern nicht reparierbare Schäden in der Wirtschaft und auch der Psyche des Volkes eingestellt haben.

Jetzt haben die Politiker des Bundes und der Länder aber das von mir bereits beschriebene ethische Problem, nicht einfach Todesfälle billigend in Kauf nehmen zu können (Anm.d.Red.: siehe Blog Eintrag ´Du kommst hier nicht raus!´ vom 23.03.20, hier speziell das ´Trolley-Problem`). Natürlich hatten sie das schon bei ihrer Entscheidung zum ersten allgemeinen Kontaktverbot vom letzten Wochenende. Dieser Beschluss ist nicht mehr rückgängig zu machen, aber immer mehr Politiker erkennen inzwischen, dass man sich langsam mit genau diesem Dilemma beschäftigen muss, will man die nächste Chance ergreifen.

Zurzeit wird ein kontrolliertes Lockern des Kontaktverbotes für ´Nicht-Riskiko-Gruppen´ bei gleichzeitigem Aufrechterhalten des besonderen Schutzes für Ü65 und vorgeschädigte Mitbürger nur von Wissenschaftlern in den Medien diskutiert, die keinerlei politische Ambitionen hegen.  Während zur weiteren Senkung der Infektionszahlen noch über eine Mundschutzpflicht in der Öffentlichkeit diskutiert wird (Anm.d.Red.: Was lustig ist, denn es sind keine verfügbar), denkt Armin Laschet in seiner heutigen Pressekonferenz, wenn auch noch etwas verklausuliert, über die notwendige Lockerung der Kontaktsperre nach. Laut dem NRW Präsi mache es keinen Sinn mit aller Gewalt in den kommenden Wochen Maßnahmen aufrechtzuerhalten, die vor Infektion schützen und damit Corona bedingte Todesfälle begrenzen, wenn gleichzeitig Kollateralschäden erzeugt werden, in deren Folge mehr Menschen in Depression und Selbstmord getrieben werden (Anm.d.Red.: Armin wird diesen Beweis nie antreten müssen, weiß er doch, dass keine Statistiken zur Selbstmordrate veröffentlicht werden). Anders gesagt, was nützt es angesichts eines möglichen Zusammenbruchs des Gesundheitssystems eine Infektionskurve abzuflachen, wenn die Maßnahmen hierzu den sicheren Zusammenbruch der Wirtschaft bedingen?

Machen wir uns nichts vor. In dieser Krise werden alle Entscheidungen nur auf Basis von Annahmen getroffen. Fakt ist, jedes Institut, jeder Virologe und jeder sonstige sogenannte Spezialist gibt seine Einschätzung, aber keiner von ihnen kann auch nur eine der drängenden Fragen das Virus betreffend ansatzweise beantworten. Keiner kann voraussagen, wie sich die Infektions- und Mortalitätsrate in Deutschland entwickeln wird, warum es in Italien schlimmer als anderswo ist, wann es einen Impfstoff geben wird etc. pp. Unisono wird auf die fehlenden Daten hingewiesen. Leider können wir uns den Luxus nicht leisten auf Daten zu warten, so die überhaupt kommen werden. Ich denke Italien hat sehr viele Daten. Nützen tut es ihnen auch nichts.

Spätestens für die Zeit nach Ostern, muss ein Ausstiegsszenario starten. Die Zeit ist nun gekommen, in der Politiker aufhören müssten ihren Hintern an der Wand zu halten. Es gilt unangenehme Entscheidungen zu treffen, die mit einer aktuellen Wahrscheinlichkeit von 0,04% an Todesfällen einher gehen werden (Anm.d.Red.: Das ist eine der ´aktuelle Daten´, von denen man ach so wenig hat. Die Mortalitätsrate in Deutschland bei Infizierten Corona Patienten liegt demnach, Stand heute, bei 4 Toten auf 10.000 Einwohner und damit auf dem Niveau der Influenza im letzten Jahr). Die Richtung ist klar: U60 an die Schippe und Ü60 in die Quarantäne!

Mir ist bewusst, dass in einer Demokratie nicht einer allein entscheiden kann und zunächst ein Findungsprozess ablaufen muss. Doch die Zeit drängt und irgendjemand müsste die unangenehme Wahrheit aussprechen und dabei vielleicht seine politische Karriere aufs Spiel setzen. In dem Zusammenhang, wo ist eigentlich Krisenmanager Söder? Schutzmaßnahmen ließ er letzte Woche im Minutentakt raus, aber ist er jetzt auch tough genug die unangenehmen Themen in die Wege zu leiten?  

 

Während die Regierung noch jemanden sucht, der das Risiko eingeht eine Entscheidung zu treffen, für den er nach der Krise von der Opposition die Eier hochgetackert bekommt (Anm.d.Red.: Ich würde gerne gendern, aber ich weiß nicht, ob es so kleine Tacker gibt), machen sich andere im selben Laden auf, die Nummer schon mal abzusichern, indem sie potentielle Sündenböcke für den Fall suchen, dass die Strategie mit dem kontrollierten Infizieren schief gehen sollte. Es ist schlichtweg zum Kotzen, zu sehen, wie sich Politiker wie Carsten Linnemann heute vor die Kamera stellen und mit einem vorwurfsvollen Unterton von Gastronomen und Einzelhändlern Vorschläge fordern, wie das Kontaktverbot baldmöglichst gelockert werden könnte. Das ist schon Ironie im Endstadium, die kleinen Unternehmer vorzuschicken, die, um nicht pleite zu gehen, nach jedem Strohhalm greifen werden, um ihre Geschäfte wieder öffnen zu können.