Spargel abstechen

Über alles und jeden wird zurzeit berichtet und über allem und jedem wird von den Ländern und dem Bund ein gigantischer Rettungsschirm aufgespannt. Zeit sich einmal über eine Randgruppe der Gesellschaft zu unterhalten. Menschen, die in diesen Tagen keine Einkünfte haben, weil das öffentliche Leben zum Erliegen gekommen ist, oder nicht ihrem Tag- und Nachtwerk nachgehen können, weil alle zu Hause sitzen. Die Rede ist ausnahmsweise mal nicht von den Friseuren, das heißt, solange sie nicht im Geldwäschegeschäft tätig sind, sondern von den gemeinen Kriminellen.

Gleich welches zwielichtige Geschäft betrieben wird, das Virus macht keinen Unterschied zwischen dem kleinen Hütchenspieler und dem gewalttätigen Schwerverbrecher mit oder ohne Vorerkrankung. Auch wenn es keine offiziellen Statistiken gibt, so ist davon auszugehen, dass auch die Geschäfte der halbseidenen Gesellschaft seit dem Shutdown ein wenig leiden. Vor zwei Wochen wurden alle nicht systemrelevanten Geschäfte geschlossen (Anm.d.Red.: Ich hasse dieses Wort, ´systemrelevant´. Alles was gerade im Hausarrest ´Light´ sitzt, ist nicht systemrelevant. Da haben Leute schon wegen weniger frustrierenden Situationen eine veritable Depression bekommen).

Während sich vor zwei Wochen im Großen und Ganzen alle zähneknirschend ihrem Schicksal ergaben, versuchten noch ein paar Wettbüros und Shishabars weiterzumachen (Anm.d.Red.: Um an dieser Stelle mal meinen Leerauftrag zu erfüllen, ´Shisha´ kommt aus dem Persischen und bedeutet ´Flasche´. Bevor mir wieder eine zweifelhafte Gesinnung unterstellt wird, ich rede dabei vom Gerät nicht vom tätowierten Konsumenten). Natürlich liegt das in erster Linie an der grundsätzlichen Geisteshaltung der persischen und ex-jugoslawischen Betreiber, sich von Schergen des deutschen Staates erst mal gar nichts vorschreiben zu lassen - egal ob er nun als Exekutive, Legislative oder Jurisdiktion auftritt. Man hat schließlich einen Ruf zu verlieren! Letzten Endes vermute ich, dass man als seriöses Unternehmen einfach einen sauberen Abschluss machen wollte und vor Schließung schlicht und einfach noch die restlichen Berge von Drogengeld waschen wollte. Denn wie heißt es so schön: ´Guter Kundenservice ist günstiger als schlechter Kundenservice´. In diesen Kreisen durchaus nicht nur günstiger, sondern schlichtweg gesünder. Inzwischen sind auch diese letzten rechtsfreien Treffpunkte geschlossen und das Verbrechen sieht sich auch mit dem Shutdown konfrontiert.

Der nicht systemrelevante Einzelhandel leidet am Meisten in dieser Krise. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Kleinkriminelle und Einzeltäter gerade besonders betroffen sind. Schleunigst ergriffene Kompensationsgeschäfte, wie die Umstellung auf Liefergeschäft brachten nicht den gewünschten Erfolg. Selbst der dümmste Mitbürger hat inzwischen oft genug vom Privatsender seines Vertrauens erklärt bekommen, dass etwas nicht stimmen kann, wenn es an der Tür klingelt obwohl man kein Paket erwartet oder eine Pizza bestellt hat. So war das Geschäftsmodell, sich als Mitarbeiter vom Gesundheitsamt auszugeben, um gegen Geld Corona Tests durchzuführen, schon kurz nach dem Start gescheitert.

Auftragskillern und anderen Leihkriminellen, die nicht in Festanstellung in einer kriminellen Organisation arbeiten, brachen als Erstes die Aufträge weg und sie müssen nun um die Existenz ihrer kleinen, aber feinen ´Ich AG´ bangen. Die wenigen Aufträge, die es in der krisengeschüttelten Branche noch gibt, werden von den großen Organisationen und Clans an die eigenen Angestellten vergeben, die aktuell Kapazitäten frei haben dürften. Selbst wenn noch ein Mord oder auch nur eine simple Körperverletzung ergattert wird, wie soll man jemanden um die Ecke bringen, der nicht vor die Tür geht und wie soll man jemanden auf die Mappe hauen, ohne das Kontaktverbot zu umgehen? Im Homeoffice arbeiten macht für den gedungenen Mörder ebenso wenig Sinn, wie für einen Bankräuber. Staatliche Hilfen können auch nicht eingefordert werden, denn in den meisten Fällen wurde zum Start der unternehmerischen Tätigkeit als Gewerbetreibender oder Freiberufler keine Steuernummer beim Finanzamt beantragt. Es ist einfach eine sehr konservative Branche und Steuern zahlen gilt nach wie vor als verpönt.

Beim unorganisierten Verbrechen sieht es indes nicht besser aus. Durch den Wegfall aller Sportveranstaltungen insbesondere denen mit einer hohen Assi-Affinität, findet der notorische Schläger kaum Gleichgesinnte. Selbst eine einfache Kneipenschlägerei ist ohne entsprechende Lokalität schwer möglich. Häusliche Gewalt, wie nicht nur in diesen Kreisen das Homeoffice genannt wird, kann nur eine Zwischenlösung sein, um im Training zu bleiben. Nicht besser sieht es bei Sexualstraftätern aus. Die Bundesregierung hat offensichtlich ganze Arbeit geleistet und nun sitzt die Angst, sich mit Corona anzustecken, tief und die meisten Triebtäter bekommen mit Mundschutz ohnehin keinen hoch. Aufgrund des Verbotes in Gruppen von mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit zusammenzukommen, sind Massenvergewaltigungen praktisch undurchführbar geworden. Die leergefegten Einkaufszentren tun ihr übriges. Letzten Freitag hatte Sicherheitskräfte bei einem Kontrollgang zufällig einen halbverhungerten Vergewaltiger gefunden, der seit vier Tagen vergeblich an den Frauenparkplätzen auf ein Opfer gewartet hatte.

Auch das organisierte Verbrechen leidet in der Krise. Vereinigungen und Clans, die sich über Jahre durch Gewalt, Mord, Erpressung und Bestechung beziehungsweise Einschüchterung von Amtsträgern eine finanzielle Fettschicht angefressen haben, wird der Shutdown zwar nicht umbringen, aber zumindest härter treffen, als jeder noch so massierte Schlag der Polizei.

Die Wettmafia vom Balkan und Ex-Jugoslawien ist zur Untätigkeit verdammt. Gerade wären sehr viele Profis im Sportbereich sehr empfänglich für Bestechung, wurden sie doch durch Lohnverzicht an den Rand der Armut getrieben, aber wie soll man ein Fußballspiel verschieben, wenn keines mehr stattfindet?

Libanesische Clans müssen schon ihre BWM und Mercedes abmelden, nur weil der Nachschub an Drogen und osteuropäischen Prostituierten ins Stocken gekommen ist. Sich mit Hochzeiten ablenken ist auch nicht, denn sogar sie finden keine Location, die ganzen Verwandten kommen nicht ins Land und allein auf der Autobahn alleine Wheelies machen und in die Luft schießen macht auch keinen Spaß.

Bei den osteuropäischen Clans läuft es auch nicht besser. Die rumänischen Bettlerkommandos sitzen allein in der Fußgängerzone, die russische Schutzgeldmafia steht vor verschlossenen Kneipentüren und die bulgarischen Kinderbanden finden kein Einbruchsobjekt, weil alle zu Hause sitzen. Für einen Beutezug mit anwesendem Besitzer sind die kleinen Langfinger zu schmächtig. Wer durchs Kellerfenster passen muss, könnte mit einem vollgefressenen Durchschnittsdeutschen mit Lagerkoller Probleme bekommen.

Natürlich können die Organisationen ihre Mitarbeiter schlecht in Kurzarbeit schicken. Deshalb habe ich nicht verstanden, warum zumindest die osteuropäischen Clans ihre Mitarbeiter nicht als Erntehelfer ausgeben. Spargelstecherei erfordert jetzt nicht so viele Vorkenntnisse und der gemeine deutsche Spargelbauer kann sicher nicht unterscheiden, ob der Betreffende Erntehelfer normalerweise Spargel oder Leute absticht. Ab und zu ehrliche Arbeit formt außerdem den Charakter.

Die Clans mit Büros im nicht EU-Ausland, haben offensichtlich auf Homeoffice umgestellt und versuchen sich im Telefonbetrug. Ich bekomme seit drei Wochen jeden Tag jeweils einen Anruf aus Afghanistan und aus dem Kosovo. Wäre ich nicht so ein Feigling, müsste ich aus rein investigativen Gründen eigentlich mal rangehen oder zurückrufen.

Nur für den Fall, dass noch einige national angehauchte Leser auf meine Einschätzung zu kriminellen deutschen Organisationen warten. Es gibt keine. Waffenhandel wird legal betrieben und das bisschen Schmiergeld an die entsprechenden Kontrollorgane würde eine echte Verbrecherorganisation aus der Portokasse bezahlen. Die einzige rein Deutsche kriminelle Vereinigung, die ich gefunden habe, war der rechte Flügel der AfD, aber die sind auf Gebieten tätig, die krisenfest sind. Dumpfer Nationalismus hat zu allen Zeiten Konjunktur und wenn sich rausstellen sollte, dass die Regierung uns gerade in die Scheiße reitet, werden sie sogar noch zu den Profiteuren gehören.

Dass durch den Shutdown der Nachschub an Drogen und Prostituierten aus aller Herren Länder an der Grenze im Stau steht, wäre für die involvierten Clans ärgerlich, aber verschmerzbar, zumal vieles in Deutschland substituiert werden könnte. Chemische Drogen wie Crystal oder MDMA sind in jedem gut ausgerüsteten Drogenlabor herstellbar und in der Not könnte man auch eine nicht so exotische Schönheit aus heimischem Anbau besteigen. Das Problem ist also nicht das mangelnde Angebot, sondern die fehlende Nachfrage. Geschlossenen Szenelokale, Homeoffice und Kontrollen im Park haben den Absatz von Designerdrogen einbrechen lassen. Mit den paar Abhängigen ist kein Umsatz zu machen, zumal auch die Beschaffungskriminalität unter dem Kontaktverbot leidet. Die meisten Yuppies, die ins Homeoffice verbannt wurden, haben sich schon zu viel Gehirnkapazität weggekokst, als dass sie noch in der Lage wären sich ohne die IT Abteilung einen Darknetzugang zu kreieren, um sich ihr Kokain zuschicken zu lassen.

Es ist also verständlich, dass es Franchiseunternehmer in diesen Zeiten besonders schlimm erwischt, also alle, die nur in Lizenz arbeiten oder Waren verticken dürfen. Natürlich haben Zuhälter und internationale Schieber gerade ihre eigenen Sorgen mit dem Shutdown, aber ein wenig Solidarität mit ihren Vertriebsaußenstellen wäre doch angebracht. Stattdessen lassen sie ihre Lizenznehmer in diesen Tagen ähnlich im Regen stehen lassen, wie die Hausbank ihre Einzelhändler. Prostituierte haben keine Kunden, Autodiebe bekommen ihre Autos nicht mehr nach Polen und zu stark spezialisierte Nischenkriminelle, wie etwa Kunsträuber, bleiben auf ihren Waren sitzen. Besonders schlimm hat es aber die kleinen Drogendealer erwischt. Sie müssen ihre Abnahmequoten erfüllen, haben aber kaum Kunden. Die Parks sind wie leergefegt und wenn das Kontaktverbot aufgehoben wird, bleibt der Park trotzdem geschlossen wegen des Eichenprozessionsspinners.

Einzig die Internetkriminalität boomt wie nie zuvor, ist doch Homeoffice hier kein Problem. Online Wettbüros haben zwar keine Sportveranstaltungen mehr, aber dafür steigen gerade die Gewinne ihrer parallel betriebenen Glücksspielportale, zumindest in Schleswig-Holstein (Anm.d.Red.: Die sind da oben nicht spielsüchtiger als Restdeutschland, allerdings ist Schleswig-Holstein das letzte Bundesland, das online Casinos erlaubt. Natürlich spielen da illegal auch alle anderen Deutschen, ohne Wohnsitz oder hauptsächlichem Aufenthalt im nördlichsten Bundesland, aber wo kein Kläger, da kein Richter). Das Pokerplattformen von den Ausgangsbeschränkungen profitieren, braucht nicht explizit erklärt zu werden. Was diese Portale mit Kriminalität zu tun haben? Träum weiter!

Ein weiterer Grund für das Boomen der Internetkriminalität ist, dass gerade viel mehr Gutgläubige mit fortschreitender IQ-Erosion zu Hause sitzen und nun fast rund um die Uhr beschissen werden können. Keine Masche ist zu dumm oder durchsichtig, als dass sich nicht noch ein paar Deppen finden würden, die darauf reinfallen. Sogar Tricks, von denen man dachte, sie wären seit Jahren ausgestorben erleben gerade ein Comeback, wie die von den Investmentbankern übernommenen Leerverkäufe, bei denen gegen Vorkasse aber ohne Lieferabsicht Klopapier und anderen Schwachsinnfeil geboten wird.

Ein weiterer nicht ganz so neuer Trick ist es, stinknormale Waren, je nach Marktlage mit neuen sensationellen Eigenschaften zu versehen.  Es ist somit nicht verwunderlich, dass auf den online-Marktplätzen aus simplen Luftbefeuchtern plötzlich Hightech Geräte werden, die das Corona Virus aus der Luft filtern, Handcremes, die eine Anhaftung von Covid19 Erregern verhindern oder Pastillen, die den Körper von innen desinfizieren. Ganz hoch im Kurs stehen natürlich die diversen in Heimarbeit entwickelten Heilmittel oder Impfstoffe. Es gibt offensichtlich Menschen, denen man erzählen kann, jemand hätte in seinem Keller das geschafft, woran hochspezialisierte Pharmafirmen noch monatelang forschen werden. Man muss schon über die Güte eines Dalai-Lama verfügen, um diesen Idioten nicht die gesammelte Wucht Darwins an den Hals zu wünschen.

Eine Verbrecherorganisation mit Geschäftsfeldern auf deutschem Boden fehlt noch: Die italienische Mafia. Ohne romantisieren zu wollen, sie ist sicher auch skrupellos und gewalttätig, aber sie geht planvoller vor. Deshalb dürfte einzig Camorra & Co. aus der Krise gestärkt hervorgehen, wie schon so oft in über hundertfünfzig Jahren. Sie handelt nicht impulsiv und stellt sich breit auf. So kann sie sich schnell und effektiv auf geänderte Bedingungen einstellen. Damit könnte man sie durchaus mit einem Virus vergleichen. Vielleicht ist das italienische Traditionsunternehmen sogar überlegen, denn es hat erkannt, dass es keinen Sinn macht seinen Wirt zu töten, wenn es dem mal schlecht geht. Corona kann mit Camorra nicht mithalten!