Hammer und Tanz

Einige werden beim Lesen der Überschrift wissen was Phase ist. Den anderen stelle ich im heutigen Beitrag das entsprechende, jetzt öffentlich zugängliche, vormals interne Strategiepapier des Innenministeriums zum Umgang mit Covid19 vor. Es ist wahrscheinlich kein Fake, aber es erscheint auf einer Webseite, auf der man unter anderem Markus Söder Fragen stellen kann und auch Antwort bekommt (Anm.d.Red.: Einfach mal auf die Webseite von `abgeordnetenwatch.de´gehen). Edward Snowden würde sich vor Lachen auf dem Boden kugeln, wenn man sowas als Leak bezeichnen würde. Auch die kritische Beschäftigung einiger Influenzer mit dem Papier, gespickt mit pseudo Kritik an der Bundesregierung nährt den Verdacht, dass hier etwas bewusst lanciert wurde. Immerhin musste dem Volk durch einen der ihren das Prinzip des ´Nudging´ vorher erklärt werden, um sicherzustellen, dass auch der dümmste unter den Interessierten den Inhalt erwartungsgemäß deutet. Dazu später mehr.

Schon wieder haben diejenigen eine ziemlich große Kröte zu schlucken, die sich schon seit einiger Zeit auf dem schmalen Grat zwischen gleichgeschalteten Medien und Verschwörungstheorien im Internet bewegen, um sich ein eigenes Bild der Lage Deutschlands in der Corona Krise zu machen. Natürlich kann man zur Meinungsbildung auch über den Tellerrand sehen und die Entwicklungen anderer Länder beobachten. Doch hier sind die Unschärfen ungleich größer, weil die Berichte durch noch mehr Hände gegangen sind und auch länderspezifische Eigenheiten zu beachten sind. Den Daten aus repressiven Staaten wie China ist von vornherein nicht zu trauen, ganz einfach, weil nur das kommuniziert wird, was dem Regime nützt. Dann gibt es Länder wie Russland und Nordkorea, die sicher Probleme haben, aber einfach die Klappe halten und handeln. Was auch immer das bedeuten mag. Informationen aus Staaten mit gutem Corona Verlauf, wie Südkorea, aber auch aus sogenannten Katastrophenländern wie Italien und Spanien können nicht einfach übertragen werden, da Varianzen bei den Gesundheitssystemen und somit unter anderem auch dem Gesundheitszustand der Bevölkerung, der Altersstruktur oder anderer demographischer Daten, der Umwelteinflüsse etc. eine Vergleichbarkeit zu Deutschland unmöglich machen. Und dann gibt es da noch Länder, bei deren Führern nicht nur die Frisur scheiße ist, sondern auch alles was sie von sich geben.

Somit macht es mehr Sinn sich auf unser Land zu konzentrieren, denn es ist schon schwierig genug für Deutschland ein einigermaßen klares Bild der Situation zu bekommen. Auch wenn wir noch weit von China entfernt sind, müssen wir uns damit abfinden, dass zwar keine falschen Daten in den Medien verbreitet werden, jedoch die  Informationen so gefiltert und ausgerichtet werden, dass die Vorgehensweise der Regierung  als das einzig Wahre erscheint und das Volk den Eindruck hat, in einer Demokratie zu leben und die Entscheidungen mitgetragen zu haben. Für diese Vorgehensweise gibt es natürlich einen Fachausdruck, es handelt sich um das Prinzip des `Nudging´, zu Deutsch ´Schubsen´ (Anm.d.Red.: Habe ich nicht erfunden, sondern die Herren Thaler und Sunstein. Nach ihrer Theorie kann man entsprechende Verhaltensgesetze oder -gebote erlassen, um in die Wahlfreiheit der Masse einzugreifen. Dabei sind die typischen Charakteristika einer Entscheidungssituation, bei welcher Nudging wirksam sein kann: Komplexität, Seltenheit und kein direktes Feedback zur Qualität der Entscheidung. Letzteres gilt vor allem, wenn der Zeitpunkt der Entscheidung und die resultierenden Konsequenzen weit auseinanderliegen. Anders gesagt, wenn der Großteil der Angesprochenen zu blöd ist, um den Gesamtzusammenhang zu kapieren. Na, klingelt´s?).

Am einfachsten kann ich das Prinzip des ´Schubsens´ anhand meines Lieblingsthemas, der Kindererziehung, veranschaulichen, auch wenn jetzt wieder viele Übereltern aufschreien, denn Kinder darf man nicht schubsen…mimimimi…Nein liebe Helikoptereltern, das Ergebnis gibt euch nicht im Entferntesten Recht, außerdem ist es nur virtuelles Schubsen, also Klappe!

Stellen wir uns folgendes Szenario aus den guten alten Zeiten vor, als die verzogene Brut noch den ganzen Tag von anderen Leuten ertragen werden musste, also Januar diesen Jahres: Das 4-jährige Kind will mitentscheiden, was es morgens zur Schule anziehen will (Anm.d.Red.: Das wäre auf Deutschland bezogen dann die gelebte Basisdemokratie).  Es bringt wenig, einem Individuum auf diesem Entwicklungsstand den Schrank zu öffnen und es selber aus einer schier unendlichen Auswahl an Kleidern auswählen zu lassen (Anm.d.Red.: Auch wenn es genau das ist, was heutzutage viele bekloppte Erziehungsberechtigte praktizieren, aber das ist ein anderes Thema, also zurück zum Bezug: In einer Demokratie darf jeder Trottel über 18 wählen!). Zum einen käme der süße Fratz dann an dem Tag nicht mehr zur Kindergarten (Anm.d.Red.: Politischer Stillstand, weil keine Entscheidung getroffen wird), zum anderen würde er höchstwahrscheinlich modisch nicht ansatzweise das darstellen, was Mama sich unter einem repräsentativen Auftritt des `Ganzen Stolzes der Kleinfamilie´ in der Öffentlichkeit vorstellt (Anm.d.Red.: Jetzt kommen wir der Sache näher: Eine Partei hat eine gewisse Vorstellung, wie das Land zu führen ist, das Volk, je nach politischer Gesinnung, normalerweise oft eine ganz andere). Was also macht der Erziehungsberechtigte im Spannungsfeld zwischen ´Schlag in Nacken´ und ´pädagogischem Totalversagen´? Nein, er fragt nicht den Influenzer seines Vertrauens, `Supermami2020´, im Internet. Das ist im Zweifelsfall eh der Pädophile von Gegenüber, mit dem Rat, das Kind nackt vor die Tür zu schicken (Anm.d.Red.: Das Äquivalent zur ´Supermami2020´ in der Demokratie wären links- oder rechtsextreme Parteien. Die, die darauf unreflektiert abfahren, stellen das entsprechende etwas borniertere Wahlvolk).  Besser also man greift auf die Erfahrung der eigenen Eltern zurück, die einfach zwei Garnituren, neudeutsch Outfits genannt, rausgelegt haben und uns damals auf Basis eines ´Entweder-Oder´ entscheiden ließen, den ´Schlag in Nacken´ aber als Rückfalllösung immer in der Hinterhand (Anm.d.Red.: Jetzt kommen wir der Sache näher, die Optionen werden reduziert und zusammengefasst, was in der Demokratie dem Kreuz auf dem Wahlzettel entsprechen würde, mit dem man einer Partei das Mandat gibt für sich zu entscheiden). Während früher an dieser Stelle die Nummer zu Ende gewesen wäre und wir sogar selbst entscheiden durften, nehmen wir zur Erklärung des `Schubsprinzips´ an, die Mutter will unbedingt, dass das Kind sich für ein bestimmtes Outfit entscheidet, also etwa das, welches zum eigenen Nagellack passt. Klingt komisch, ist aber bestimmt nicht so weit hergeholt. Jetzt ist es ein Leichtes zu ´schubsen´. Entweder, um dem Kind das unerwünschte Outfit madig zu machen, indem man zum Beispiel andeutet, es würde damit auf dem Schulhof gemobbt werden. Alternativ kann man auch ganz subtil vorgehen und die kratzigen Baumwollstrumpfhosen dazulegen. Oder man protegiert die präferierte Kleidung mit Aussagen wie ´Das würden auch Bibi the Brain/Cathy Hummeldumm/Kevin etc.  tragen´ oder ´Das tragen heute alle´.  Ergebnis: Man hat seinen Willen sehr schnell durchgesetzt und das Kind hat das Gefühl es war seine eigene Entscheidung.

Hat man das Prinzip verstanden, wird man in vielen Situationen des täglichen Lebens erkennen, dass man öfter ´geschubst´ wird, als man denkt. Die neuen Lebensmittelampeln warnen vor ungesunden Lebensmitteln, oder im Supermarkt stehen die Waren in Augenhöhe, die man bevorzugt verkaufen will. Auch Zopf Greta steht für dieses Prinzip. Die Jugend hat die Wahl zwischen Zerstörung ihrer Zukunft oder schmerzlichen Einschnitten in ihr bequemes Leben (Anm.d.Red.: Man hat den Deppen zwar gesagt, dass ihre Eltern das für sie tun müssen, aber sie werden schon noch merken, wie sehr es ihre Komfortzone stören wird). Zusammengefasst handelt es sich eigentlich um das altbekannte Prinzip ´Zuckerbrot und Peitsche´, nur halt antiautoritär und irgendwie ´feelgood´- mäßig.

Zurück zur aktuellen Corona Krise. Hier wird das Volk seit Wochen mit jeder Entscheidung ´rumgeschubst´. Die Alternativen sind alternativlos: Welche Entscheidung soll man treffen, wenn man die Wahl hat, einen elenden Erstickungstod durch einen bösartigen Virus zu erleiden oder dem Shutdown der Wirtschaft zuzustimmen, seine Großmutter in die Kiste zu schicken oder ein Kontaktverbot einzuhalten, platt gesagt zwischen dem Leben und der Wirtschaft. Wenn ich die Wahl hätte auf unbestimmte Zeit keinen Sex zu haben oder mit dem Holzschuh auf den Dödel gekloppt zu kriegen, ich wüsste wie ich mich entscheiden würde…zumindest in den ersten paar Wochen.

An dieser Stelle sind wir nun. Es muss die zweite Stufe gezündet werden, bevor der Pöbel unruhig wird. Seit drei Wochen haben alle brav zugeschaut, wie wir in die größte Rezession seit dem zweiten Weltkrieg reinrauschen, um…ja warum eigentlich? Ich muss zugeben, dass ich bis heute dachte, die Regierung würde den Shutdown nutzen, um Versäumnisse der letzten zwanzig Jahre verfehlter Gesundheitspolitik zu reparieren, aber das war blauäugig. Wie soll man in kürzester Zeit reparieren, was man vorher jahrelang vor die Wand gefahren hat. Auf die Verdopplungszeit der Fallzahlen zu starren, wie das Kaninchen auf die Schlange ist grenzdebil. Selbst wenn diese Zahl, in der jetzigen Lage des Kontaktverbotes logischerweise weiter ansteigt, die Durchseuchung der Bevölkerung bleibt bei weit unter 1%. Nur falls es jemand vergessen hat, ein Virus stoppt man mit Impfstoff oder einer Herdenimmunität bei über 60%.  Deshalb bin ich nach wie vor überzeugt, dass die ganze Mischpoke auf Zeit spielt.

Damit wären wir wieder beim angeblich so sensationell geleakten Strategiepapier des Innenministeriums, dessen Intension in den Kommentaren eine Influencers so treffend mit ´Hammer und Tanz´ charakterisiert wird. `Hammer´ bezeichnet den Shutdown und ´Tanz´ die dann natürlich irgendwann kommenden Lockerungen. Der Inhalt des siebzehn Seiten langen Papiers ist schnell erzählt, liest es sich doch wie ein Drehbuch einer jeder beliebigen Pressekonferenz oder Interviews, dass eine Person in Regierungsverantwortung in den letzten Wochen gegeben hat. Es erweckt zwar den skandalösen Eindruck, es rufe dazu auf, das Volk bewusst zu beeinflussen, aber gleichzeitig zeichnet es die alt bekannten Horrorszenarien von Tod, Verderben und Anarchie. So suggeriert es dem Leser gleichzeitig aber, jeder Politiker hätte gar keine andere Wahl gehabt, als mitzuspielen, wolle er nicht das Land in die Katastrophe reiten. Geschickt wird zum Schluss noch vermeintlich ein sensationeller Ausblick in die Zukunft gegeben, mit Lockerungen ab dem 20. April. Ein Datum, dass sowieso schon die ganze Zeit mehr oder weniger im Raum stand. Aber jetzt in einem geleakten Papier…eine Sensation? Bullshit!  Hier wird dem Volk offen gesagt, dass man an ihm das Prinzip des ´Nudging´ angewandt hat und gibt uns Deppen gleichzeitig das wohlige Gefühl, wir hätten auch nicht anders entschieden, wenn wir selbst eine Wahl gehabt hätten. Doppeltes Schubsen. Respekt!

 

Einen kleinen Hinweis, warum durch den Shutdown die Rezession in Kauf genommen wurde, hat mir das Papier dann doch noch geliefert. Dazu morgen mehr! Wir können eh nichts mehr daran ändern. Frohe Ostern!