Feigheit vor dem Feind

Wir warten. Nicht aufs Christkind, sondern auf Angela Merkel. Die will am späteren Nachmittag eine Pressekonferenz geben, um mitzuteilen, wie es so mit den Ministerpräsidenten der Länder bei der Diskussion um mögliche Lockerungsmaßnahmen gelaufen ist. Bevor ich gar nichts schreibe, erzähle ich mal von einer Theorie, die sicher die Wenigsten kennen und über die einige hierzulande auch mal in der Corona Krise nachdenken sollten.

Wissen sie, wie man japanischen Kindern beibringt einen Baum zu malen? Der Lehrer zeichnet einen an die Tafel und die Kinder zeichnen ihn ab. In Deutschland geht man vorher mal in den Wald oder die Kinder werden einfach aufgefordert einen Baum aus dem Gedächtnis zu zeichnen. Ich bin überzeugt, das Ergebnis der kleinen Japaner wird von einem Außenstehenden sicher eher als Baum identifiziert werden können, als das, was die deutschen Schüler so hinkrakeln. Während in Deutschland Kreativität gefördert wird, wird in Japan darauf geachtet, dass detailgetreu kopiert wird. Im Hinblick auf die japanischen Schriftzeichen dürfte dieses Vorgehen durchaus Sinn machen. Eine Sauklaue in Deutschland kann eventuell noch lesbar sein, orthografischer Freestyle in Japan geht sicherlich in die Hose. Diese Erziehungsstrategie führt dazu, dass japanische Erwachsene sich detailgenau an Gebrauchsanweisungen halten. Das Erste, was der Deutsche nach dem Kauf eines Ikea Schrankes dagegen wegwirft ist die Aufbauanleitung…und kurze Zeit später die Kleinteile, die übrig geblieben sind. So weit so uninteressant! Was will ihnen der Autor aber damit sagen?

Zum Beispiel, dass Deutschland viel mehr Probleme mit dem Einhalten der ganzen Vorschriften haben dürfte, die uns die Regierung im Zuge der Corona Krise aufgedrückt hat, als die Japaner. Wenn man sich die Statistiken ansieht könnte das sicher eine Rolle bei der Übertragung gespielt haben. Allerdings hat die Nummer einen kleinen Schönheitsfehler. Japan hat kaum Maßnahmen eingeführt. (Anm.d.Red.: Noch einmal, die Zahlen in Deutschland sind auch viel zu gering, um eine vernünftige Durchseuchung zu erreichen. Die Bundesregierung steht allerdings auf diese niedrigen Infektionszahlen, wegen Überlastung Gesundheitssystem, Aufbau Kapazitäten, bla bla blubb… Da wäre es für die eifrigen Verfechter der ´Flatten the curve´ Fraktion schon sinnvoll sich die Frage zu stellen, warum trotz der rigiden Volksbevormundung in Deutschland 0,2% infiziert wurden, während es in Japan bei viel weniger Einflussnahme nur 0,015% sind. Sogar Schweden hat ohne signifikante Maßnahmen nur 0,1%. Der aufmerksame Pro-Shutdown-Jünger wird jetzt einwenden, dass Japan viel weniger testet und die Dunkelziffer dadurch viel höher sein wird. Ist zwar gut aufgepasst, aber dann müssten die Todeszahlen, die überall auf der Welt, zwar falsch, aber wenigstens gleich gezählt werden, höher sein. Hier liegt Japan bei 0,1 Promille der Gesamtbevölkerung, während Deutschland 4 Promille zu beklagen hat.  Bevor noch jemand fragt, bei den Corona Toten liegt die Testrate bei 100%, sonst wüsste man es ja nicht!). Man muss also ein wenig theoretischer formulieren: Japan hätte, aufgrund seiner anderen Erziehungsmethoden sicher weniger Probleme gehabt, jegliche Maßnahmen einzuhalten, wenn deren Regierung denn einen Sinn darin gesehen hätte, welche aufzustellen. Aber wie will man von einem Volk die Einhaltung aller noch so unsinnigen Vorschriften im Rahmen eines Kontaktverbotes erwarten, wenn der eigene Gesundheitsminister sich mit anderen Politiklakaien in einen überfüllten Fahrstuhl drängelt, weil er zu faul ist die Treppe zu nehmen?

Ich wollte eigentlich mit dem Vergleich der beiden Erziehungssysteme auf eine ganz andere Sache hinaus. Es gibt in Fachkreisen, die sich ein wenig mit Kernkraftwerken auskennen eine Theorie, dass eine Reaktorkatastrophe wie in Fukushima in Deutschland höchstwahrscheinlich nicht stattgefunden hätte und besagter Baum damit zu tun hatte. Natürlich ist es nicht sehr naheliegend, dass ein bayrisches Kernkraftwerk von einem Tsunami getroffen wird. Vielmehr geht es um die Entscheidungen, die in der Folge von den verantwortlichen Ingenieuren getroffen wurden. Als die Kernschmelze drohte machte der Japaner genau das, was er gelernt hatte. Nein, keinen Baum malen, sondern ins Notfallhandbuch, Kapitel ´Kernschmelze´ schauen und die dort aufgeführten Maßnahmen 1:1 umzusetzen. Hätte er vorher mal aus dem Fenster geschaut (Anm.d.Red.: Mir ist bewusst, dass eine Reaktorwarte keine Fenster hat, es ist eine Metapher für ´die vorliegenden Informationen richtig deuten´), wäre er eventuell drauf gekommen, dass ihm durch den Tsunami der `Keller´ vollgelaufen ist. Ein, wie im Handbuch vorgeschriebenes Anwerfen der Notaggregate in besagtem Keller hatte somit eher geringere Aussicht auf Erfolg. Stand aber im Handbuch, also Knöpfchen drücken und sich wundern, dass einem vier von sechs Reaktorblöcken um die Ohren fliegen. In deutschen Kernkraftwerkswarten gibt es jede Menge ähnlicher Handbücher und es wäre jetzt sicher die falsche Botschaft, zu sagen, da schaut eh keiner rein. Aber aufgrund anderer Denkweisen wird der deutsche Ingenieur, zumindest die brauchbare Version desselben, zunächst alle verfügbaren Daten auf Plausibilität prüfen und alternative Lösungswege zulassen. Letztendlich wäre dann ein vorheriges Leerpumpen des Kellers eine Option gewesen. Vielleicht hätte man die Notaggregate erst gar nicht in einen kritischen Bereich gebaut.

Bisher war die Befolgung blödsinniger Befehle nur von der Bundeswehr bekannt: ´Ab einer Wassertiefe von 80cm hat der Soldat mit Schwimmbewegungen zu beginnen´. Betrachtet man sich die Geschehnisse in Deutschland könnte man den Eindruck gewinnen, ein Großteil des Volkes bevorzugt nicht nur japanische Kleinwagen, sondern inzwischen auch deren fremdbestimmte Lebensweise. Sogar die Blöderen unter uns legten vor der Krise eine gewisse Kreativität an den Tag und wenn es nur darum ging sich vor der Arbeit zu drücken. Wann auf dem Weg in die staatliche Bevormundung haben wir aufgegeben? Keinen scheint es zu stören, dass einige Meldungen und Vorgaben der Regierung irgendwie nicht zusammenpassen. Macht sich noch irgendeiner Mühe, darüber zu sinnieren, welche Alternativen es geben könnte?

Immerhin gibt es Lichtblicke. Es tauchen Ärzte auf, wie zum Beispiel Dr. Püschel, Chef der Hamburger Rechtsmedizin, die den Umgang mit Corona in Frage stellen, die sich eben nicht nach dem vorgegebenen Handbuch richten. Bei anderen wird gegebenenfalls nicht gleich intubiert, wenn ein Covid infizierter 90-Jähriger mal unter die vorgeschriebene Sauerstoffsättigung der Lunge fällt. Schon findet man heraus, dass das dem Mann eventuell das Leben gerettet hat. Intubieren ist nämlich auch kein Frühlingsspaziergang. Ich lege meine Hoffnung in diese Deutschen, die sich wagen auch mal andere, vielleicht risikobehaftete Wege zu gehen und beim Anblick der ´Wir bleiben zu Hause´ Werbespots ein gewisses Grauen ergreift. Welch hohle Phrase: `Nie war es leichter ein Held zu sein´. Durch Nichtstun zum Helden. Viel blöder geht es doch nun wirklich nicht mehr.

Vor ein paar Wochen, als wir und die Wirtschaft noch eine Chance hatten, hätte mich mal interessiert, wieviel medizinisches Personal und Ehrenamtliche sich für eine freiwillige Infizierung mit Corona gemeldet hätte, um sich immunisiert und ohne Risiko um die Patienten kümmern zu können, denen das Corona Virus übler mitspielt als dem großen Rest der Bevölkerung. Natürlich hätte für diese Freiwilligen ein Restrisiko bestanden, aber mit jedem Altersheim, in das ein infizierter Pfleger das Virus eingeschleppt, vervielfacht sich die Zahl derer, die wir mit unserem Nichtstun auf dem Gewissen haben. Wenn schon alle die Kriegsmetapher verwenden: Ein Held wird man, indem man sein Leben riskiert, um einen Verwundeten vom Schlachtfeld zu ziehen. Wir dagegen sind Feiglinge und verhalten uns wie Gutmenschen. Die tun auch nichts, um die Welt besser zu machen, durch das ständige Philosophieren darüber fühlt es sich nur besser an.

Letzten Endes hat sich Angela dann doch noch an ihr Volk gewandt und das geliefert, was zu erwarten war. Minimale Lockerungen mit Extrawürsten für die beiden Ministerpräsidenten mit den Kanzlerambitionen, sowie der Drohung sofort wieder runterzufahren, sollte das Volk nicht nach der Regierungspfeife tanzen oder sich die berühmte Verdopplungszeit, die nach wie vor an ihrer  Aussagelosigkeit nichts eingebüßt hat, wieder verschlechtern sollte (Anm.d. Red.: Armin Laschet hat diese Zahl dann auch gleich stolz für NRW bei 14 Tagen und im Kreis Heinzberg, wo die Leute in häuslicher Quarantäne waren, mit 27 Tagen angegeben. Ich bin mir nicht sicher, was hinter der Stirn dieser Leute vorgeht. Wenn man vier Wochen nicht mit der Angetrauten pimpern darf, dann ist es keine Leistung, wenn sie nicht schwanger wird. Wird sie es doch, heißt sie entweder Maria oder hat ein Krösken mit dem Nachbarn). Eine Kennzahl, die sowieso spätestens am 17. Mai plus minus drei Tage wieder einstellig wird, obwohl sich bis dahin eigentlich nur die Kinder wieder in der Schule getroffen haben und dann zu Hause die Eltern anstecken.

Einzig positive Nachricht, eine Maskenpflicht wie in Österreich ist erst einmal vom Tisch. In ´ARD extra´ wurden daraufhin noch schnell die obligatorischen repräsentativen Leute befragt, die alle vollumfänglich mit der weiteren Vorgehensweise einverstanden sind. Langsam ereilt mich bei dieser Art der einseitigen Berichterstattung ein kaum zu unterdrückender Brechreiz.

Obwohl die Wirtschaftsprognosen immer düsterer werden, wurden weitere zwei Wochen Stillstand für uns beschlossen und dann eine Lockerung in so kleinen Schritten, dass sich jeder kleine Unternehmer heute Abend eigentlich am nächsten Baum aufhängen kann. Stricke gibt’s genug, der Baumarkt ist immerhin systemrelevant.