Endlich wieder Zahlen, Teil 1

Heute hat Lothar Wieler in der Pressekonferenz des RKI wieder einen neuen Höchststand bei der, wie es die Regierung nennt, Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen gemeldet: 23.679! Wie bereits oft von Experten richtiggestellt und auch von mir hier nicht weniger oft veröffentlicht, müsste natürlich von der Zahl der positiven Corona-PCR-Testungen die Rede sein (Anm.d.Red.: In diesem Zusammenhang muss ich noch eine kleine Korrektur nachreichen, da sie für das Verständnis der folgenden Ausführungen essentiell wichtig ist: In dem vom RKI gemeldeten Wert spiegeln sich hauptsächlich die PCR-Tests wider, die von den kooperierenden Labors zurückgemeldet werden. Alle nicht eingebundenen Labors und vor allem die meisten Ergebnisse der PCR-Schnelltests, die direkt an Ort und Stelle ausgewertet werden, fließen nur dann ein, wenn sie aktiv von diesen Stellen übermittelt werden). Die genannte neue Rekord-Zahl kann meiner Meinung nach nicht kommentarlos hingenommen werden, denn sie vermittelt, wie so oft einen falschen Eindruck, zumindest wenn es um Zahlen und Ereignisse geht, die den zweifelhaften Kurs der Regierung unterstützen.

Ich behaupte an dieser Stelle, die vom RKI übermittelten Zahl der positiven PCR-Tests steigen nicht, sie stagnieren allenfalls auf dem aktuellen Niveau, beziehungsweise sind sogar leicht im Sinken begriffen (Anm.d.Red.: Wichtig!!! Ich rede nur von den PCR-Testungen, die das RKI fälschlicherweise als Zahl der Neuinfektionen tituliert, nicht vom realen Infektionsgeschehen. Selbiges wäre separat zu betrachten). Während die Bundesregierung beziehungsweise das RKI einfach eine Rekordzahl in den Raum wirft und von der Bevölkerung verlangt diese als korrekt anzunehmen, um in der Folge auch alle vor- und nachweihnachtlichen Konsequenzen klaglos zu ertragen, die die Verantwortlichen für uns gerade austüfteln, versuche ich dagegen meine steile These im Folgenden zu begründen.

Erstes Argument, welches an der RKI Zahl zweifeln lässt: Es werden jegliche Toleranzen und variablen Randbedingungen ignoriert, aber zumindest unterschlagen. Es erscheint mir ein wenig ernüchternd, dass man es überhaupt erwähnen muss, aber ich tue es hiermit trotzdem. Wenn man eine Zahl aus dem Hut zaubert, die zunächst einmal etwas ganz anders beziffert, als der Name vermuten lässt (positiver PCR-Test statt aktive Corona-Infektion), die Ermittlung des Wertes noch dazu mit einem fehlerbehafteten Werkzeug  (PCR-Test) erfolgt und in einer nicht repräsentativen Gruppe (aktuell meist Kinder , Jugendliche, Pädagogen, Pflegepersonal und Ü75) durchgeführt wird, sollte klar sein, dass man eine gewisse Varianz berücksichtigen muss. Das sehen auch andere Experten so. Im heute-journal, jetzt nicht unbedingt bekannt als ein von Verschwörungstheoretikern unterwandertem Sender, kamen Virologen zu Wort, die zusammenfassend darlegten, dass, einfach ausgedrückt, die veröffentlichten Infektionszahlen des RKI nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Ich bin schon lange dieser Meinung. Aber selbst wenn man im Gegensatz zu diesen Experten nicht den gesamten Zahlenwert verteufeln, also nicht auf der Fehlerquote des PCR-Tests rumreiten wollte und ob er überhaupt findet, was er zu suchen vorgibt, bleibt auf jeden Fall eine Unschärfe. Diese Unschärfe zeigt allerdings immer in Richtung steigende Infektionszahlen, denn es gibt einen Selbstverstärkungseffekt bei den Testungen. Im Moment ist allgemein bekannt, dass man Schulen, Kitas und auf der anderen Seite Alten- und Pflegeheime verstärkt im Fokus hat. Schließlich hat man versprochen die Bildungsstätten geöffnet und die Senioren am Leben zu halten.  Immer wenn dort ein Schnelltest positiv ist oder jemand über Grippe-Symptome klagt, wird hier verstärkt getestet und natürlich auch viel gefunden. Viele der nicht betroffenen Bevölkerungsgruppen, die keine Kinder oder Verwandte in den Pflegeeinrichtungen haben, fallen durchs Raster, denn bei den meisten verläuft Corona symptomfrei und es besteht somit kein Grund zu testen. Aber auch wenn Symptome auftreten, wieso sollten Unverheiratete beziehungsweise Kinderlose, die eh schon allein im Homeoffice sitzen, sich bei leichten Symptomen einem Test unterziehen (Anm.d.Red.: Bei über 18 Millionen Singlehaushalten sprechen wir von knapp der Hälfte aller Haushalte in Deutschland, die, auch wenn ich keinen Wert gefunden habe, demnach auch mindestens 40% der 45 Millionen Erwerbstätigen ausmachen dürften. Kurz gesagt, nicht gerade eine vernachlässigbare Minderheit, wenn man in Sachen Corona nach Ursachen du Lösungen sucht). Das Risiko andere anzustecken ist im Singlehaushalt plus eventuelles Homeoffice gering. Wenn man leichte Symptome hat, meldet man sich telefonisch krank, bleibt zu Hause und macht das, was man bei jeder anderen Virusinfektion auch macht: Man kuriert sich aus. Funktioniert in 99% der Fälle bei den Nicht-Risiko-Gruppen. Darüber hinaus hält sich der Erkrankte und potentiell Corona-infizierte bedeckt, denn nicht jeder kann für 14 Tage Quarantäne jemanden organisieren, der für einen einkaufen geht, zumal Masken und Abstand angeblich doch andere im Supermarkt vor Ansteckung schützen (Anm.d.Red.: Das soll jetzt keine Beschuldigung aller Singles sein, auch wenn es einen Teil des, von Söder und Wieler gern beschworenen ´diffusen Infektionsverlauf´ in der Bevölkerung erklären könnte. Immerhin weiß man angeblich von 45% der Infektionen nicht, woher sie kommen).

Es kann also festgehalten werden, dass es absoluter Mumpitz ist, die Zahl an positiven PCR-Tests, die nicht einmal 1% über dem bisherigen Wert liegt als ´Rekordwert´ zu titulieren. Mindestens +/- 10% Toleranz müssten eingerechnet werden und somit ist jede Zahl unter 25.000 eine Stagnation, aber sicher kein explosionsartiger Anstieg.

Damit komme ich zu meinem zweiten Argument, warum ich der Ansicht bin, dass die Zahlen der positiven PCR-Tests nicht explodieren: Die vorhandenen Testkapazitäten sind seit einer Woche signifikant gestiegen und es wird zielgerichteter getestet. Nach wie vor gilt, je mehr Tests, desto mehr davon sind positiv! Die RKI-Zahlen zu den Testkapazitäten in dieser Woche scheinen diese Theorie zunächst nicht zu stützen (Anm.d.Red.: Wie bereits erwähnt hat man die Testkapazitäten geschickt bis zum Lockdown ´light´ auf 1,6 Millionen pro Woche hochgefahren und in der Folge wieder um 20% reduziert. Kleiner dreckiger Trick der Regierung, mit dem Ziel sich den Lockdown ´light´ zwei Wochen nach Start schönzurechnen. Hat leider nicht geklappt. Siehe mein Blog vom 04.12.20, ´Schein und Sein´). Aktuell werden nach wie vor, wie in den letzten vier Wochen, etwa 1,3 Millionen Testungen durchgeführt und jeder zehnte Test ist aktuell ein positiver PCR-Test. Somit mag es vordergründig so scheinen, als würde die Zahl der positiven PCR-Tests bei gleicher Testkapazität ansteigen. Allerdings wird mit keinem Wort erwähnt, dass neben den klassischen PCR-Tests, dank der fatalen Fehlentscheidung von Jens Spahn, nun auch Laien ans Teststäbchen zu lassen, seit einer Woche vermehrt Schnelltests zum Einsatz kommen. Die mögen zwar, wie bereits anfangs erwähnt, nicht alle in die RKI-Zahlen einfließen und oft wegen mangelnden medizinischen Kenntnissen falsch negativ anzeigen, aber trotzdem letzten Endes die Testkapazitäten erhöhen. Statistisch erfasst oder nicht, hinzu kommt, dass jeder Schnelltest, der positiv ausgewertet wird, umgehend eine Kettenreaktion in Gang setzt, die für den Betreffenden und alle Beteiligten im direkten Umfeld mit einem oder mehreren Labortests endet. Allein durch die, seit einer Woche verwendeten Schnelltests werden die klassischen PCR-Tests plötzlich viel zielgerichteter angewendet, was die Trefferquote signifikant erhöht.

Ich denke beide meiner Argumente in Kombination, aber besonders die, seit einer Woche veränderte Testsituation hat die Trefferquote bei den PCR-Tests erhöht. Aussagen zur  Zahl der Neuinfektionen in Deutschland hat man deswegen aber noch lange nicht (Anm.d.Red.: Durch seine diskussionswürdige Entscheidung, jeden Pädagogen und interessierten Laien ans Teststäbchen zu lassen, hat Jens Spahn etwas entschieden, dass zufällig sogar einen positiven Effekt haben könnte. Wenn er jetzt noch geschultes Personal an die Schnelltests bekommt, werden die begrenzten Testkapazitäten der Labortests in Zukunft noch richtig sinnvoll eingesetzt werden können. Zum Beispiel zum Schutz der vulnerablen Gruppen. Aber man soll nicht gleich zu viel verlangen von einem Mann, der es seit Monaten nicht geregelt bekommen hat, FFP2 Masken an die Alten- und Pflegeheime zu liefern)

Leider haben RKI und Bundesgesundheitsminister eine vollkommen andere Sicht auf die Dinge. Für sie ist die steigende Zahl an positiven PCR-Tests das Maß für die Bewertung der Pandemie und als Grund werden immer noch die zu zahlreichen zwischenmenschlichen Kontakte in der Bevölkerung angesehen. Mit vielen bunten Grafiken versucht man diesen Blödsinn gerade zu untermauern. Statt der angestrebten mindestens 60% Kontaktreduzierung, hat man angeblich bisher nur 40% durch den Lockdown ´light´ erreicht. Ich habe keine Ahnung, wie man einen solchen Wert überhaupt ermittelt und wenn er stimmen würde, wieso er dann nicht einen positiven Effekt auf die RKI-Zahlen nach dem Lockdown ´light´ hatte und vor allem, wie das mit den Aussagen von Markus Söder zusammenpasst, dass nur eine kleine Minderheit von Corona-Verweigerern für die steigenden Zahlen verantwortlich ist. Was denn nun? Ein paar tausend Quertreiber oder Millionen an deutschem Wahlvieh, dass zu blöd ist Kontakte zu beschränken und/oder AHA-Regeln einzuhalten?

Wenn die Bevölkerung noch nicht einmal weiß, wer jetzt eigentlich Schuld haben soll und von wem die Regierung Läuterung erwartet, wie soll dann überhaupt eine Besserung möglich sein. Manchmal hat man das Gefühl, den Regierung geht es nur darum die Bevölkerung mitzunehmen. Sie taugt maximal als Sündenbock, den man bei schlechten Zahlen als Entschuldigung aus dem Stall prügeln kann und/oder ihn als Begründung für ihre Maßnahmen vorschieben zu können. Irgendwie alles etwas seltsam.

So, nun habe ich, hoffentlich einigermaßen schlüssig dargelegt, warum die Zahl der positiven PCR-Tests nicht zur Beurteilung der Pandemielage taugt. Bleibt die Frage, wie man sich also ansonsten einen Überblick verschaffen könnte. Dazu morgen mehr, vorausgesetzt Spahn & Co kommen in der Zwischenzeit nicht mit einem neuen Klopper um die Ecke.