Immer wenn man denkt...

Immer wenn man denkt, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Arschtritt her. Ich hätte nie gedacht, dass noch einmal eine harte Lockdown-Situation wie in der ersten Welle möglich wäre. Alle waren sich einig, dass das Volk so etwas nicht mitmachen würde und unsere Wirtschaft das nicht verkraftet. Seit gestern sind wir wieder auf dem Niveau vom März 2020. Die Börse ist trotzdem weiter unterwegs in Richtung Allzeit-Hoch und vom sogenannten Volk oder deren Sprechern ist nichts zu hören. Verkehrte Welt!

Einzig der deutsche Landkreistag wird in einer Randnotiz bedacht, dass er die schärferen Regeln als wenig zielführend kritisiert hat. Wenn Unternehmer gezeigt werden, dann nur, um die Hand für dringend notwendige Unterstützung aufzuhalten. Kein einziger, der die Maßnahmen rundheraus ablehnt. Zumindest zeigt man in den Medien keinen. Es ist schon seltsam. Ich muss nur 10 Meter über die Straße gehen und da könnte ich sofort zwei Gastwirte antreffen (Anm.d.Red.: Ja, die sind da, Straßenverkauf zum Überleben – Unterstützung bisher einmalig 3000€ in 2020, die aber jetzt zu 100% zurückgezahlt werden müssen), die euphemistisch ausgedrückt diesen kriecherischen Reportern oder Wahlweise Söder und Co. eine alternative Sicht auf die Dinge nahebringen würden. Entweder wohne ich im letzten kleinen erleuchteten Fleck in diesem armseligen Land oder die Realität sieht leicht anders aus als im Fernsehen dargestellt. Wer meinen Wohnort kennt, weiß sofort, dass es nicht die Erleuchtung sein kann.

Im ganzen stoischen Ertragen der Gesamtsituation sind es nur noch wenige kleine Berichte, die Hoffnung machen und zeigen, dass noch hier und da ein kleines Aufbäumen zu verzeichnen ist. Wie der folgende, wenn er auch vom verantwortlichen Nachrichtensender regierungskonform aufgearbeitet wurde. Anders ausgedrückt, er wurde mit der entsprechenden Botschaft versehen, die dem Zuschauer klar macht, dass man nur auf der richtigen Seite ist, wenn man solche coronalen Perversitäten nicht duldet, selbst wenn es Hilferufe sind. Aber der Reihe nach: Normalerweise hört man aus Bayern außer ´mia san mia´-Gefasel und dem Söderschen Corona-Beschuldigungskrampf nichts, was auf einen sinnvollen Umgang mit der aktuellen Lage schließen lassen könnte.  Jetzt hat ein Unternehmer aus Rosenheim aber angekündigt, seine fünf Sportgeschäfte am 11.01.21 wieder unter Berücksichtigung aller Hygieneauflagen wieder öffnen zu wollen, ungeachtet, was Bund und Länder beschließen. Ein entsprechendes Bußgeld würde er in Kauf nehmen. Hut ab! Endlich mal jemand in diesem verweichlichten Wohlstandsland, der deutlich auspricht, dass die derzeit ergriffenen Lockdown-Maßnahmen nicht nur so gar nichts bringen, sondern auch, dass die ständige Zahlerei von Überbrückungshilfen nichts anderes als Augenwischerei ist. Ein Vorgaukeln, dass die Staatshilfen endlos den wirtschaftlichen Stillstand finanzieren könnten, in Wirklichkeit aber nur Tropfen auf tausende heißer Steine sind, an deren Ende Existenzvernichtung steht.

Während der Vorstoß des Einzelhändlers ein einsamer Rufer in der Wüste bleiben dürfte und mir höchstmöglichen Respekt entlockt, konnte man über die Berichterstattung der Medien wie üblich nur noch den Kopf schütteln. Nicht, dass es anders zu erwarten war, aber ärgerlich ist es letzten Endes trotzdem. Wie immer, wenn es gegen den Mainstream geht, aber der entsprechende Nachrichtensender eingesehen hat, dass man die Meldung nicht unter Deckel halten kann oder hier eine Strömung gegen den Regierungskurs erzeugt wird, der man aktiv entgegensteuern muss, laufen dieselben Mechanismen ab. Sehr neutrale Beschreibung der Situation, keine Nennung detaillierter Daten und am Schluss das subtile, aber stets einstimmige, vernichtende Urteil der vermeintlichen Mehrheit.

Die vorliegende Reportage machte hier keine Ausnahme und dürfte der Aufmerksamkeit im Netz geschuldet sein, den der Tweed ´#wir machen auf´ offensichtlich erregte. Hier haben sich Unternehmer zusammengeschlossen und wollen in kollektivem zivilen Ungehorsam ihre Geschäfte ab dem 11.01.21 wieder öffnen. ntv berichtete zunächst nüchtern, was der Unternehmer aus Rosenheim geplant hatte, ließ ihn sogar zu Wort kommen. Er durfte erklären, dass er keineswegs ein Leugner wäre, sondern einfach verhindern wolle, dass sein Laden vor die Hunde geht und er, wie die Supermärkte auch, alle Hygieneauflagen einhalten kann und will (Anm.d.Red.: Es ist bezeichnet für die regierungstreue Meinungsmache in Deutschland, wenn man als Kritiker inzwischen immer explizit darauf hinweisen muss, dass man Corona nicht leugnet). Im Anschluss gab man der Reportage einen professionellen Anstrich, indem man eine Expertin erklären ließ, dass für den geplanten Verstoß gegen die Corona-Regeln 5000€ Bußgeld fällig werden. Um die Situation richtig bewerten zu können, hätte mich mehr interessiert, ob der Betrag pro Tag oder pro Woche, pro Filiale oder pro Firma gilt und vor allem, ob der Unternehmer dann trotzdem geöffnet haben darf oder sofort die GSG9 bei ihm einmarschiert und die Bude dicht macht. Solcherlei Überlegungen scheinen aber offensichtlich niemanden sonst zu interessieren. Es könnte aber auch bewusst unterschlagen worden sein. Eventuell wäre der ein oder andere Einzelhändler ansonsten auf das schmale Brett gekommen, eine Strafe von 5000€ gegen seinen Umsatz zu rechnen und zu dem Ergebnis gekommen, es könne sich am Ende noch lohnen. Abgeschlossen wurde die Reportage dann wie erwartet mit der eindeutigen Botschaft ans Volk, dass dieses Verhalten in jedem Fall zu verurteilen sei. Bestes Werkzeug dazu wie immer die repräsentative Fake-Umfrage, in der sich alle Passanten in der entsprechenden Rosenheimer Fußgängerzone eindeutig gegen den armen Mann positionierten und suggerierten, dass Volkes Meinung eindeutig dem ruchlosen Treiben entgegensteht (Anm.d.Red.: Ich frage mich in solchen Situationen immer, warum ich nie bei solchen Umfragen angesprochen werde. Könnte lustig werden). Ich werde auf jeden Fall versuchen rauszufinden, ob das Geschäft am nächsten Montag öffnet und inwieweit dann dort wirklich keiner einkaufen geht.

Dieser zivile, beziehungsweise coronale Ungehorsam erinnerte mich an einen Vorstoß von Teilen der niederländischen Gastwirte, die letzten Monat ankündigten am 17. Januar wieder zu öffnen, ganz gleich, was die Regierung beschließen würde (Anm.d.Red.: Siehe mein Blog vom 03.12.20, ´Dumm, Dümmer, Spahn`). Auch hier werde ich noch einmal zu gegebener Zeit nachschauen und hoffen, dass die notwendigen ´Eier´ in entsprechender Größe bei den Gastwirten vorhanden sind. Ich bin jedenfalls der erste, der in dem Fall mal wieder den westlichen Nachbarn besuchen geht, um ein paar Frikandel zu futtern.

Die üblichen Verdächtigen dagegen finden den neuen Stillstand der Nation indes erwartungsgemäß alternativlos. Uwe Janssens, bekanntlich Präsident der Vereinigung deutscher Intensivmediziner und gern gesehener Gast in den Mainstream-Talkshows dieser Nation hat keinen Zweifel daran, dass die mangelnde Einhaltung der Abstandsregeln trotz Lockdown in den letzten zwei Monaten Grund für die steigenden Infektionszahlen war und nun auch die weiteren Verschärfungen vor dem Hintergrund des mutierten Corona-Virus absolut zielführend sind. Offensichtlich hatte Herr Janssen, neben den übermenschlichen Anstrengungen, denen er sicherlich als mitanpackender Arzt und Chef beim Dienst auf seiner Intensivstation und den Aufgaben als divi-Präsident sowie Keks-Fresser in Talkshows, ausgesetzt ist, noch Zeit, um, zwischen zwei Powernaps, einen Abschluss als Virologe und Epidemiologe zu absolvieren (Anm.d.Red.: Dieser heldenhafter Schachtelsatz meinerseits kann nicht ansatzweise das ausdrücken, was ich für diesen Halbgott, was sage ich, Gott in Weiss fühle). Anders kann ich mir nicht erklären, wieso er mit einer Überzeugung von solchen Kausalzusammenhängen schwadroniert, für die der Rest der Fachwelt noch nicht einmal ansatzweise belastbare Untersuchungen liefern kann. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal froh sein würde, dass ein Interview endet und stattdessen Karl Lauterbach mit seiner geistige Diarrhoe begrüßen zu dürfen. Der hatte zwar auch nichts Erhellendes zu der Verarsche biblischen Ausmaßes beizutragen, den die Bundesregierung als alternativlose Corona-Maßnahmen verkaufen will, aber bei ihm hat sich inzwischen eine Art stoische Gleichgültigkeit eingestellt, die den Blutdruck schont.

Ein Mann, dem ich bisher als sanftem Kritiker der Corona-Politik eher noch ein wenig Respekt entgegenbringen konnte, ist nun offensichtlich auch unter dem Druck des Mainstream zusammengebrochen. Gestern dachte ich noch bewundernd, wie sehr doch Heiner Bremer von RTL mit seiner Rente spielen würde, als er gestern Morgen den Kurs von Bund und Ländern bei den Corona-Maßnahmen kritisiert hatte. Es wäre den Bürgern nach Monaten des Lockdowns ohne größere Erfolge und wegen der Feiertage auch bar jeder belastbaren Infektionszahl nicht mehr vermittelbar noch schärfere Lockdown-Regeln zu beschließen. Offensichtlich hat er dann aber umgehend einen Anruf vom RTL-Ressortleiter für Politik und Gesellschaft und nebenberuflichen Impf-Nazi Nikolaus Blome erhalten, der Herrn Bremer wohl die Grenzen seiner Kompetenzen erklärt hat (Anm.d.Red.: Herr Blome war der Herr, der sich ungefragt für die Ächtung aller Impfgegner ausgesprochen hatte, siehe mein Blog vom 15.12.20, ´Spaß mit Nadeln´). Wie anders soll ich mir sonst erklären, dass gerade mal 24 Stunden später denselben Mann sein Geschwätz von gestern nicht mehr zu stören schien. Obwohl die Regierung genau das getan hat, was er noch am Vortag angeprangert hatte, drehte sich über Nacht um 180° und zeigte sich heute zu Tode betrübt, dass nicht noch ein konsequenteres Wegsperren des deutschen Volkes stattgefunden hat. Als wenn das noch nicht genug wäre, hat er sich auch noch zur mangelnden Impfbereitschaft geäußert. Ich musste zurückspulen und es mir zwei Mal anhören, aber er hat unumwunden die Impfpflicht gefordert. Fast wortwörtlich sprach er von einem ´Ernst der Lage´, weswegen ohnehin schon viele Grundrechte eingeschränkt worden wären. Da wäre es jetzt nur logisch auch den nächsten Schritt in der Pandemiebekämpfung zu gehen, und das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu kippen, um eine Impfpflicht durchsetzen zu können. Fehlt nur noch, dass er zur Durchsetzung der neuen Regeln die Unversehrtheit der Wohnung angezweifelt hätte. Dann hätten wir doch fast alles zusammen, von dem ich vor einem Jahr noch dachte, das kann einem nur in China oder Nordkorea passieren.

Letzten Endes werden wir aber alle mehr oder weniger kommentarlos (Anm.d.Red.: Ich augenscheinlich ´weniger´), aber definitiv tatenlos auch die aktuellen Maßnahmen der Regierung über uns hinwegziehen lassen. Ist ohnehin Scheißwetter und im Warmen vor der Glotze ist doch eigentlich ganz schön. Für einen selbst gelten die Beschlüsse ohnehin nur als grobe Richtlinie und bei der Auslegung herrscht im Rahmen der Möglichkeiten nach wie vor ´freestyle´. Hinterher werden aber sicherlich wieder alle mit großen Kinderaugen auf den Scherbenhaufen blicken und keiner hat es kommen sehen.

Apropos ´Hinterher´: Was soll das überhaupt bedeuten? Normalität oder nur eine, von nun an endlose, willkürliche Aneinanderreihung von politischen Alternativlosigkeiten? Die Auslöser heißen dann Sars-Covid21, 22, 23 etc. oder auch mal Influenza. Wahrscheinlich wird zukünftig einfach jeder dahergelaufene Keim ausreichen, der im Verdacht steht, irgendwann, irgendwo, irgendjemanden mit multiplen Vorerkrankungen dahingerafft zu haben um eine globale Pandemie herbeizureden (Anm.d.Red.: Wohlgemerkt nur in den Industrienationen. Tote in den Entwicklungsländern haben noch nie zu einem globalen Aufschrei getaugt). Genug, um in der Folge die Ausnahmen zur Regel zu machen und gleich noch weitere Maßnahmen zu begründen, mit dem jegliche Form der Individualität zerstört werden soll: Maskenpflicht, Zwangsimpfung, Alkohol- und  Rauchverbot, Tempo 100 auf Autobahnen, Helmpflicht für Fahrradfahrer, Strafen für Witze über Randgruppen oder despektierliche Äußerungen zur amtierenden Regierung, Abschaffung der Prostitution, Permanente Einschränkung der Bürgerrechte, Versammlungsverbot, Steuererhöhungen, willkürliche Wohnungsdurchsuchungen, Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens. Nichts wird mehr tabu sein. Wer will noch mal, wer hat noch nicht?

Christian Lindner ist zwar auch nur ein Schwätzer, aber er hat heute etwas sehr Erschreckendes gesagt, obwohl er es sicher anders gemeint haben dürfte: ´Wir stehen vor einer Neugründung unseres Landes´. Richtig, nur schaffen wir damit gerade das Bisherige ab. Ich hab es ihm nie wirklich gesagt, aber mir hat mein Land trotz aller Unzulänglichkeiten bisher ganz gut gefallen.

Ich weiß gar nicht, warum mir gerade jetzt das kommunistische Manifest von Marx und Engels einfällt. Vielleicht, weil es mit den sehr passenden Worten beginnt: ´Ein Gespenst geht um in Europa´. Vielleicht auch, weil es die Unterdrückung der Massen durch wenige Mächtige anprangert.  In Zeiten der digitalen Industrie 2.0 muss die Arbeiterklasse zwar weniger die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft fürchten, aber man nützt dem Kapital trotzdem: ´konsumieren´ statt ´produzieren´ heißt heute die Devise. Unverändert, gestern wie heute ist aber die Erwartung der Regierenden, dass man dabei brav die Klappe hält und sich nicht einmischt. Das 23 Seiten starke Werk endet mit dem Aufruf zum Widerstand: `Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!´ Spätestens hier enden die Parallelen.

 

Beim Anblick der Situation und der schweigenden, wie tatenlosen Mehrheit, die die Angst vor dem Tod offenbar mehr lähmt, als sie der Spaß am Leben zu beflügeln vermag, fällt mir nur noch ein Auszug aus Dantes ´Göttlicher Komödie´ ein. Der Dichter wähnt hinter dem Höllentor die Vorhölle. Dort sollen die lauen Seelen, die weder gut noch böse waren, rastlos in Scharen umherlaufen und von Ungeziefer gepeinigt werden. Eine sehr schöne Metapher für die aktuelle Corona-Lage wie ich finde, zumal am Höllentor ein Spruch steht, der mit den Worten endet: ´Lasst, die ihr hier eintretet alle Hoffnung fahren!´