Ich hab heute kein Virus für Dich

Heute war mal wieder so ein Tag, der die Frage aufwirft, inwieweit das Corona-Thema wirklich eine neue Stufe der Pandemiebedrohung darstellt, wie uns die Politiker in Regierungsverantwortung durch die Medien stets vorbeten oder wir uns doch nur mit einer schwereren Variante eines Corona-Virus herumschlagen, der wie schon immer in der kalten Jahreszeit  über die Menschheit hinwegzieht.

Auf jeden Fall ist es bezeichnend, wenn das Virus als 24h-Dauerbrenner auf allen Kanälen sofort in den Hintergrund tritt, nur weil in der größten Freiluftklapse der Welt ein paar inzestöse Hinterwäldler, angestachelt von einem Geisteskranken, der seine Wahlniederlage nicht anerkennen will, es für eine gute Idee gehalten haben, ihr Parlament zu stürmen. Wenn ich diese Aktion an dieser Stelle zynisch kommentiere, bin ich mir durchaus bewusst, dass bei dieser unsäglichen Aktion 4 Menschen gestorben sind. Trotzdem sollte man sich stets gewisse simple, wenn auch unschöne Wahrheiten vor Augen halten. Es handelte sich bei den Toten ausschließlich um Eindringlinge, die unberechtigt ihren Regierungssitz gestürmt haben. Deshalb gilt meiner Meinung nach nur das alte Sprichwort: ´Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um´ (Anm.d.Red.: Ich gehe selten mit den Ansichten der Amerikaner konform, aber beim Schutz der eigenen vier Wände kann ich vollumfänglich zustimmen. Wenn nachts ein Einbrecher deine Wohnungstür aufbricht, sollte man nicht wie hierzulande als friedlicher Bürger über Dinge nachdenken müssen, wie Notwehr oder inwieweit der arme Mann eine schwere Kindheit hatte. Da kann es für jemanden, der sein Leben lang noch keine Schlägerei hatte nur heißen: schnell, hart und am besten von hinten zuschlagen!). Ich finde man kann von Menschen, die sich in einem marodierenden, veritabel bewaffneten Mob, auf unerlaubten Terrain befinden, erwarten, dass sie sich des Risikos bewusst sind, von einem Ordnungshüter erschossen zu werden. Bei allen, die das nicht können, verweise ich auf Charles Darwin.

Dann wäre da auch noch die Frage, wieso man das Kapitol nicht besser geschützt hat. Auf den Fernsehbildern habe ich Sicherheitskräfte gesehen, die mit Schlagstöcken und teilweise sogar mit Fahrradhelmen ausgerüstet waren, aber keine Polizei im Vollschutz. Wenn man schon Tage vorher wusste, dass zehntausende Trump-Anhänger nach Washington kommen wollten, um im Schatten der Parlamentssitzungen zur Ernennung von Joe Biden zu demonstrieren, wäre hier ein wenig mehr Detailplanung in Punkto Sicherheit zu erwarten gewesen. Wo sonst hätte sich des dummen Volkes Zorn, das an das Märchen vom Wahlbetrug glaubt, entladen sollen?

In erster Linie darf man sich aber über die überbordende mediale Aufmerksamkeit wundern, den dieser Vorfall ausgelöst hat. Tagtäglich bekommen wir von unseren selbsternannten Moralwächtern erklärt, dass es keine Diskriminierung geben darf und alle gleichbehandelt werden müssen. Ich frage mich in solchen Augenblicken immer, wieso eine gestürmte Parlamentsvorhalle einer Industrienation als unsäglicher Angriff auf die Demokratie alle Medien auf Tage beherrscht, während ein brennendes Parlament in einem Entwicklungsland, wie vor zwei Monaten in Guatemala, mal gerade eine Randnotiz wert war (Anm.d.Red.: Hand aufs Herz, wer weiß wovon ich rede?). Oder aber, wieso vier Tote Aggressoren*innen von der Politik als verstörendes Unglück angesehen werden, wohingegen sich aber Schweigen darüber ausbreitet, dass tagtäglich Unschuldige sterben müssen. Wann haben sich Merkel und Co. das letzte Mal ähnlich deutlich zu den Opfern in der  Ukraine, Ruanda, Somalia oder auf dem Mittelmeer geäußert?  

Die deutsche Politik nannte es heute ´ernsthaften Bedrohung der parlamentarischen Demokratie´ und es wurde auch nicht versäumt das Ereignis umgehend für den Kampf unserer Regierung gegen jegliche Kritik an ihrer Corona-Politik zu nutzen, indem umgehend der Bogen zu den Vorfällen vor dem deutschen Bundestag im letzten Jahr geschlagen wurde. Das macht das Märchen von der aggressiven Anti-Corona-Demo deshalb noch lange nicht wahrer, denn bis auf die Art der gewählten Lokalität und vielleicht dem Gemütszustand der Protagonisten können keine weiteren Parallelen gezogen werden. Qualität und Quantität des Vorfalles sind diametral verschieden. Drüben zehntausende Trump-Anhänger, die fast 50% der amerikanischen Bevölkerung repräsentieren, hier ein paar Rechte, Reichsbürger und andere Verstrahlte, die sich im Schatten einer friedlichen Anti-Corona-Maßnahmen-Demo aufmachten, um ihren kranken Ideen Nachdruck zu verleihen oder einfach nur ein saudummes Selbstdarstellungsvideo posten zu können (Anm.d.Red.: Mir ist bewusst, dass ich mich gegenüber diesen Leuten genauso verhalte, wie es die Regierung in Sachen Corona gerade mir gegenüber macht. Trotzdem ist es immer noch ein Unterschied, ob man seine Gegner in die extreme Ecke drängt, um nicht mit ihnen über unangenehme Themen diskutieren zu müssen oder man nicht mit Menschen diskutieren will, weil sie sich mit demokratie-feindlichen Ideen aus freien Stücken Rechts beziehungsweise Links der Gesellschaft in den Ecken rumdrücken).

Nun mag uns die Erstürmung des Kapitols den wirklichen Stellenwert wieder vor Augen geführt haben, den Corona bei den Medien zugewiesen bekommt, sobald in der Welt mal mehr als ein Sack Reis umfällt. Interessanter an dieser, hoffentlich letzten peinlichen Posse des scheidenden US-Präsidenten sind aber die Schlagzeilen, die von der versammelten Weltpresse eben nicht thematisiert wurden. So vermisste man jedes Wort über den unwiderlegbaren Fakt, dass nicht nur gestern, sondern eigentlich bei allen von Trump inszenierten republikanischen Wahlbetrugs-Aufläufen in den letzten Monaten die Zahl der Waffen um etwa das zehnfache höher war, als die der Atemschutzmasken. Von Abstand muss man nach den gestrigen Bildern aus Washington gar nicht erst anfangen (Anm.d.Red.: Das war auf den Black-Live-Matters Veranstaltungen auch nicht viel anders. Das schwarze Leben scheint offensichtlich in den eigenen Reihen, zumindest in Bezug auf Corona, nicht so hoch im Kurs zu stehen?!). Hatte ich zunächst noch während den Demonstrationen in Weißrussland vermutet, die Presse würde so unwichtige Hinweise auf coronalen Ungehorsam einfach unterlassen, um den Freiheitskampf einer tapferen Nation  nicht mit Nebenkriegsschauplätzen zu verwässern, so bin ich nun angesichts dieser amerikanischen Peinlichkeit eines Besseren belehrt wurden. Offensichtlich wird von der Presse immer nur das thematisiert, was auf der nach oben offenen medialen Reißer-Skala mehr Punkte erhält (Anm.d.Red.: Das dürfte auch auf eines der Probleme unserer Facebook-Gesellschaft zurückzuführen sein, dass man gewissen Teilnehmer am Leben Informationen nicht nur in Dauerschleife in die Rübe prügeln, sondern sie auch tunlichst isoliert von anderen übertragen muss, um überhaupt die vorgesehene Botschaft transportiert zu bekommen).

Aber auch ohne die gestrigen Vorfälle ist die USA Corona-technisch etwas ins mediale Abseits geraten. Während hierzulande Schweden in regelmäßigen Abständen in Bezug auf Corona als gescheiterte Nation bezeichnet wird, obwohl sich dort nach wie vor nichts Signifikantes am Umgang mit der Seuche geändert hat, hört man dagegen aus den USA seit Monaten überraschend wenig über die Pandemie, sieht man mal vom aktuellen Lieblingsthema, der weltweiten Verfügbarkeit des Impfstoffes ab. Obwohl die Infektionszahlen, dank des sehr sorglosen Umganges mit dem Virus, seit Wochen von einem neuen Rekord zum Nächsten jagen, ist von der angeblichen Überlastung des amerikanischen Gesundheitssystems vom Frühjahr keine Rede mehr. Freunde, die in Amerika leben, wussten darüber übrigens auch nichts Konträres zu berichten.

 

Was immer uns am Ende in diesen Zeiten eine mediale Verschnaufpause vom Corona-Einerlei bringt, wir sollten dankbar dafür sein und hoffen, dass sich die Kollateralschäden für dieses kleine Geschenk in Grenzen halten.