Wind of Change?

Gestern habe ich auf einer kleinen Rosenmontagsparty in einem typischen Partykeller in NRW mit einer größeren Zahl Gleichgesinnter, deutlich jenseits der Zahl der erlaubten Kontakte, die meine Landesregierung erwartet, coronalen Ungehorsam praktiziert. Als ich an meinem Bierchen nuckelte und mir die tanzenden Partygäste so angeschaute, habe ich mich gefragt, wie viele dieser heimlichen Kellerpartys in diesen Tagen in den Karnevals-affinen Ecken Deutschlands wohl stattfinden. Neben dem stets totgeschwiegenen Infektionspotential in Supermärkten, Bussen und Bahnen dürften Privatpartys sicherlich nur ein kleines Steinchen in dem großen Mosaik sein, aus dem sich der gesamte Pandemieverlauf zusammensetzt. Eine Tatsache, die offensichtlich immer größere Teile der Bevölkerung erkennen und die sich in der zunehmenden Bereitschaft zum Brechen der geltenden Regeln widerspiegelt (Anm.d.Red.: Das sind übrigens keine Annahmen, sondern das Ergebnis meiner Gespräche gestern Abend mit vielen, teils mir bis dato unbekannten Partygästen).

Was für mich eine Hoffnung ist, dass in der Bevölkerung langsam ein Umdenken dergestalt stattfindet, dass eine Pandemie nicht mit dem Wegsperren eines Volkes zu lösen ist, löst andernorts nacktes Entsetzen aus. In der Politik hatte man schließlich gehofft, das Spielchen noch bis zur Bundestagswahl durchzuhalten. Der Erste, dem langsam klar wird, dass die Angst vor dem Corona-Virus, trotz des Ziehens aller verfügbaren Tricks aus der Pandemie-Panik-Kiste, nicht die guten Umfragewerte bis dahin zu konservieren vermag, ist Armin Laschet. Der hat sich heute auf die Seite derer geschlagen, die möglichst schnell Lockerungen wollen und auch ein Ende der Diskussion über diese unsägliche Null-Corona-Strategie fordern, die nach immer niedrigeren Inzidenzen giert (Anm.d.Red.: Wie soll ´Null-Corona´ eigentlich aussehen? Es ist mir vollkommen unverständlich, wie Merkel und Söder dieser fast schon sektenhaft anmutenden Idealvorstellung einer Pandemiebekämpfung anheimfallen konnten. Solche Theorien mögen unter Laborbedingungen funktionieren, aber nicht in einer Gesellschaft, zumindest, wenn sie sich in Grundzügen demokratisch nennen will). Natürlich muss Laschet sich im Kampf um die Kanzlerkandidatur gegen Markus Söder in Stellung bringen und hat allein deshalb schon eine konträre Position eingenommen. Allerdings dürfte ihm auch anhand diverser Indizien klar geworden sein, dass das Volk sich wahrscheinlich nicht mehr im Lockdown bis zum 26. September hinhalten lassen wird, zumal bis dahin noch ein ganzer Sommer vorübergehen muss, in dem bekanntlich Corona-Viren saisonbedingt Pause machen und nicht als Schreckgespenst taugen.

Genervte Stellungnahmen, wie die gestern von Hansi Flick kommen nicht von ungefähr und auch in den Medien tauchen immer öfter Experten auf, die Ansichten äußern dürfen, für die sie vor ein paar Wochen noch geteert und gefedert aus der Stadt gejagt worden wären. Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass man auch in den Sendeanstalten den langsam aufkommenden Meinungsumschwung bemerkt hat. Schleimerisch versucht man nun sich wieder als Anwalt des Volkes gegenüber der Politik anzubiedern, nachdem man in 2020 nur noch als Sprachrohr der Regierung fungiert hatte, um deren Machterhaltungspläne als in Stein gemeißelte Alternativlosigkeiten unters Volk zu bringen.

Ein fast schon inflationär gesendeter neuer Experte ist  der Virologe und Epidemiologe Professor Klaus Stöhr, der nicht mit Kritik an der berühmt berüchtigten Zahl der 7-Tages-Inzidenz spart (Anm.d.Red.: Siehe mein Blog vom 10.02.21, ´Verlängertes Versagen´). Natürlich drückt sich der Mann sehr vorsichtig aus, aber der Grundtenor seiner Meinung ist klar. Die aktuellen Kennzahlen sind bekloppte Messwerte, da sie zu keinem Zeitpunkt das aktuelle Pandemiegeschehen abbilden und deshalb auch nicht als Maß für mögliche Lockerungen herangezogen werden können. Auch hält er es für nichts Besonderes, dass man sich im Moment mit Corona-Viren ansteckt. Kann im Winter schon mal vorkommen. Des Weiteren ist nicht nur er der Meinung, dass sich die Gefährlichkeit der Mutanten nicht bestätigt hat, wie man an den sinkenden Inzidenzen in allen Nachbarländern ablesen kann, in denen die Mutationen teilweise fast 100% am Impfgeschehen ausmachen. Deshalb taugen die Mutanten nicht als Begründung für weitere Verschärfungen, zumal Lockdowns bisher ohnehin nichts gebracht haben. Professor Stöhr fordert deshalb ein Umdenken und verweist dabei auf die Strategien, wie sie gerade in Österreich praktiziert werden. Bundeskanzler Kurz sucht sein Heil in möglichst umfassenden Testungen. Die gängigen PCR-Tests um die Risikogruppen zu schützen, aber auch die inflationäre Ausgabe von Schnelltests an die Bevölkerung. Letztere Maßnahme sehe ich nicht unbedingt als zielführend an, zumal Corona außerhalb der Risikogruppen in 99% der Fälle ohnehin unerkannt, da symptomfrei verläuft und sich somit trotzdem verbreiten kann.  Allerdings schadet es auch nicht, denn immerhin wird die Verantwortung beim Infektionsschutz wieder in die Hände des Individuums gelegt. Die Älteren unter uns werden sich erinnern, dass man so in der guten alten Zeit mit jedem Virus umgegangen ist.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn scheint auch langsam zu merken, dass der sture und fragwürdige Weg der Regierung, die Infektionszahlen mit Zwang drücken zu können, nicht nur gescheitert ist, sondern inzwischen auch an die Geduldsgrenzen der Bevölkerung stößt. Auch die Unternehmen in Deutschland begehren langsam auf, wenn sie nicht gerade Impfstoff herstellen oder Pizza ausliefern. Nur so ist es zu erklären, wieso es Jens Spahn letzten Endes doch noch eingefallen ist, dass man  Schnelltests dem Volk zum Selbertesten zur Verfügung stellen könnte, zumal sie bereits seit einem Jahr auf dem Markt sind (Anm.d.Red.: Die Rede ist von kostenloses Tests. Allerdings gehe ich über diese Brücke noch nicht, zumal man so Regelverstöße befeuern könnte, wenn sich jeder, nach begangenem coronalen Ungehorsam selbst und gratis ´frei-testen´ könnte).

Im Gegensatz zu Österreich sollen die Tests allerdings nicht im trauten Heim und in der Verantwortung des Privatmannes erfolgen. Soviel Kompetenz beim Lesen einer Gebrauchsanweisung traut Spahn dem wurstfingerigen deutschen Durchschnittsbürger dann offensichtlich doch nicht zu. Er setzt ausschließlich auf Teststellen, wo man Personal mit einer medizinischen Grundausbildung vermuten könnte, wie in Arztpraxen jeglicher Fachrichtung oder auch in Apotheken.

 

Es scheint sich etwas zu tun und die Stimmen, die für eine Öffnung plädieren, werden auch in der Politik lauter. Allerdings hat die Bevölkerung nach wie vor wenig Möglichkeiten das Drehbuch der Öffnung nachhaltig mitzuschreiben. Immerhin scheint sie aber Einfluss darauf zu haben, mit welcher Geschwindigkeit diese Rückkehr zum Leben erfolgen soll. Auch nicht ganz unwichtig, denn Schnelligkeit ist angeraten, wenn es darum geht möglichst viele kleine Unternehmer am Leben zu erhalten.