Sympaticus

Es war äußerst erholsam, eine Woche in einem anderen Land Urlaub zu machen und somit deutlich weniger von dem Chaos hören zu müssen, dass die deutsche Bundesregierung gerne als Krisenmanagement in der Pandemie bezeichnet, aber eigentlich nur ein Taumeln von einer ruinösen Fehlentscheidung zur nächsten ist.

Den Zustimmungswerten hatte das laut Medien angeblich bisher nicht geschadet. Doch inzwischen scheinen die überirdischen Auren von Spahn und Söder ein wenig zu verblassen, je mehr dem deutschen Michel die Frühlingssäfte ins Hirn schießen und ihm nach Lockerungen im Lockdown gelüstet. Ich habe fast schon nicht mehr daran geglaubt, denn beim Großteil der deutschen Bevölkerung ist eindeutig bereits seit Monaten das Stockholm Syndrom zu diagnostizieren (Anm.d.Red.: Nur falls nicht bekannt, es beschreibt nicht den Glauben an die Richtigkeit des schwedischen Weges in der Corona-Krise, sondern das psychologische Phänomen, bei welchem das Opfer während einer Geiselnahme, Entführung oder Kidnapping Sympathie gegenüber seinem Täter entwickelt). Nur, dass im vorliegenden Fall ein ganzes Volk, aus niederen Machtinstinkten als Geiseln genommen wurde. Eingesperrt über Wochen und Monate steht leider zu erwarten, dass es die Opfer selbst sein werden, die nach ihrer Freilassung das Lösegeld in Form von horrenden Steuererhöhungen zahlen dürfen. Daran lässt die SPD in Gestalt von Olaf Scholz keinen Zweifel, auch wenn viele der Genossen immer noch glauben, mit den ´Besserverdienenden` wären immer die ´da oben´ gemeint und nicht sie selbst. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass jeder, der nach der Corona-Pandemie noch einen Job hat, zu der Scholzen-Melk-Gruppe gerechnet werden wird, die die gesamte Lockdown-Rechnung zahlen dürfen (Anm.d.Red.: Zum jetzigen Zeitpunkt über Steuererhöhungen reden?! Manchmal hat man das Gefühl, die SPD will mit aller Macht so wenig Prozentpunkte, dass auch ´Rot/Rot/Grün` nicht möglich sein wird. Die Regierung nach der nächstn Bundestagswahl wird wenig zu lachen haben).

Aber zurück zu unseren beiden Corona-Lichtgestalten. Bei Markus Söder kann man den Grund für sinkende Umfragewerte nicht an Einzelereignissen festmachen. Hier dürfte die allgemeine Corona-Müdigkeit eine Rolle spielen. Der Ärger über die Einschränkungen dürfte sich damit einfach auf die Person konzentrieren, der diese am stärksten mitzuverantworten hatte und ungebrochen auch dem Wunsch nach Lockerungen entsprechend unerbittlich eine Absage erteilt. Da kann es schon mal passieren, dass sogar in überzeugten Pazifisten, beim Anblick dieses provokativ schlecht frisierten Kanister-Kopfes, nie gekannte Gewaltvisionen aufsteigen, in denen sie ihm das süffisante Grinsen aus dem Gesicht zaubern wollen. Söder und seine Mitstreiter in anderen Bundesländern legen inzwischen beim Erlassen immer neuer Einschränkungen eine Ziellosigkeit an den Tag, die fast schon schizophrene Züge erkennen lässt. Ich wüsste nicht, wie man Verweilverbote auf öffentlichen Plätzen oder gar das Verfolgen von Joggern ohne Mundschutz im Park anders deuten könnte (Anm.d.Red.: In diesem Zusammenhang muss ich ausnahmsweise auch mal Kritik an der Polizei üben. Wer sich für diesen Schwachsinn einspannen lässt, sollte sich nicht wundern, wenn das Image der Polizei in der Bevölkerung Schaden nimmt).

Das Image als Corona-Heiland scheint aber immer noch stark genug zu sein, um Söder gänzlich aus dem Fokus zu halten, als in der letzten Woche die Anschuldigungen gegen Georg Nüsslein laut wurden. Der CSU-Bundestagsabgeordnete wird der Bestechlichkeit bei der Beschaffung von Atemschutzmasken beschuldigt. Bin ich der Einzige, der es nicht überprüfenswert findet, dass ausgerechnet im Dunstkreis von Markus Söder dieser Skandal aufpoppt? Schließlich war es der bayrische Ministerpräsident, der maßgeblich für das Verbot von selbstgenähten Masken zugunsten von industriell gefertigten OP- beziehungsweise FFP2-Schutzmasken verantwortlich war. Genau die Masken, für die Nüsslein angeblich sechsstellige Provisionen aus der Industrie kassiert haben soll. In einem Land, in dem sich die Aufgabe des Investigativ-Journalismus jedoch nur noch darauf beschränkt, Kritiker des Regierungskurses zu diffamieren, kann man seine Erwartungshaltung getrost weit nach unten schrauben.

Während sich der eine angeblich von der Industrie bestechen lässt, sammelt der andere dort nach eigener Aussage nur Spenden für die eigene Partei ein. Es ist schon faszinierend, wie eine zweifelhafte Privatparty in Corona-Zeiten mit 12 Unternehmern im Haus eines Freundes, zu der Jens Spahn extra nach Leipzig gereist war, innerhalb weniger Tage zu einer dienstlichen CDU-Spendenveranstaltung umetikettiert wurde. Schon ist der Bundesgesundheitsminister nicht mehr im Verdacht, er hätte selbst privates Reisen und Feiern praktiziert, obwohl er permanent dem Volk an dieser Stelle Zurückhaltung predigt. Allenfalls noch ein erhobener Zeigefinger heute Morgen in den Medien. Der Minister der Wasser predigt und Wein trinkt und schon ist das Thema nach einigem Murren in den Reihen des deutschen Michels erledigt (Anm.d.Red.: Während sich die meisten Kommentare mit Neid beschäftigen, wieso der Bundesgesundheitsminister etwas für sich herausnimmt, was er anderen untersagen will, ist für mich viel interessanter, dass Jens Spahn offensichtlich nicht die Angst vor dem Virus hat, die er in der Bevölkerung stets verbreiten will. Im NRW-Innenministerium ist man offensichtlich der gleichen Meinung und so beschuldigt Unsympath Laumann zwar ohne Probleme die eigenen Bevölkerung des coronalen Ungehorsams, hat aber kein Problem damit, dass noch bis in den Januar diesen Jahres Beförderungsfeiern in seinen Hallen veranstaltet wurden. Somit ist das persönliche Fehlverhalten dieser Politiker zweitrangig, liefern sie doch durch ihr sorglosen Umgang mit Corona einen viel interessanteren Einblick in die wahre Gefahr des Virus).

Könnte der kleine Imageschaden hingenommen worden sein, um unangenehmere Fragen zu verhindern? Zumindest habe ich nicht das Gefühl, dass auch nur ein einziger Reporter hier tiefer gegraben hat, unangenehme Fragen stellte oder sich vielleicht sogar mal die Gästeliste besorgt hätte, um eventuell nachvollziehen zu können, ob einer oder mehrere dieser Namen in der Folge mal wieder bei lukrativen Geschäften im Zusammenhang mit Entscheidungen des Bundesgesundheitsministers auftauchen (Anm.d.Red.: 2018 hat Jens Spahn vom damaligen Pharma-Manager und Lobbyist Markus Leyck Dieken eine 980.000€ teure Eigentumswohnung gekauft, um ihn bereits 2019 zum Chef-Digitalisierer des Gesundheitswesens zu ernennen). Es scheint keinen zu interessieren, wo der Mann mit dem vergleichbar geringen Gehalt eines Ministers die Millionen für seine Immobilienkäufe hernimmt.

Wer weiß, vielleicht ist es Jens Spahn ganz recht, wenn man sich als Folge dieses coronalen Ungehorsams ´nur´ mit seinen Fehlern in der Corona-Pandemie beschäftigt und nicht danach fragt, welche persönlichen Vorteile ein solcher Posten in diesen Zeiten mit sich bringen könnte.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass es sich hier nur um meine persönlichen Gedanken und Vermutungen handelt. Als abwegig möchte ich sie allerdings nicht bezeichnen, zumal die Politik nicht das saubere Geschäft ist, in dem nur Altruisten zum Wohle eines Volkes arbeiten. Deshalb muss man auch fairerweise die Frage stellen, wieso gerade jetzt ein Ereignis aufpoppt, dass bereits vor Monaten stattgefunden hat. Nichts passiert in diesem Metier aus Zufall. Entweder passte der Zeitpunkt gut, zumal Jens Spahn gerade viel Kritik bei seiner Impfstrategie einstecken muss oder aber man war unter Zugzwang, weil mit Abflauen der Corona-Saison dieses ohnehin leidlich brauchbare Schwert des Vorwurfes in den nächsten vier bis acht Wochen weiter an Schärfe verlieren könnte. Vielleicht steckt auch ein potentieller Kanzlerkandidat dahinter, der hofft, über die Diskreditierung Jens Spahns, dessem Protegé Armin Laschet zu schaden.

 

Anhand der leisen Kritik an den Corona-Göttern Spahn und Söder könnte man nun ablesen, dass die Stimmung langsam sogar im lethargischen Deutschland kippen könnte. Vor zwei Wochen hielten angeblich noch zwei Drittel der Bevölkerung die Lockdown Maßnahmen für zu schwach oder zumindest für angemessen. Heute titelten die Nachrichtensender, dass die Mehrheit der Deutschen nun endlich für Lockerungen sei. Ich habe in dieser Pandemie aufgehört an unabhängige Umfragen zu glauben. Wieso also jetzt, nur weil sie ausnahmsweise mein Wohlwollen findet? Für die meisten Einzelhändler und Gastronomen kommt ein eventueller Meinungsumschwung ihrer Mitbürger ohnehin zu spät.  Sollte es der Regierung nützlich sein, wird sie den wankelmütigen Coronatiker ohnehin nach Belieben mit steigenden Infektionszahlen und der entsprechenden Polemik umgehend wieder auf die dunkle Seite der Macht ziehen.