Ausblick

Jens Spahn, Lothar Wieler, Karl Lauterbach und die anderen treusorgenden Experten dürften einen ziemlichen Hals haben. Da kündigt man mit besorgter Miene die vierte Welle an, die uns, dieses Mal aber sicher – ehrlich ich schwör – eine Überlastung des Gesundheitssystems und volle Leichenhallen bescheren werden und was macht dieses Arschloch-Virus? Es will einfach nicht infizieren und das, obwohl es sich doch extra in die Delta-Variante transformiert hat.

Dabei war man sich in Kreisen der Coronatiker seiner Sache so sicher, dass die Infektionszahlen zum Herbst explodieren. So sicher, dass man dieses Mal sogar versäumt hatte irgendwelche neuen Pseudoeinschränkungen zu erlassen, mit der man sich und dem Volk vormachen konnte, man hätte Einfluss auf den Infektionsverlauf. Bisher war es schließlich gute Corona-Tradition, diese dann, bei sinkenden Infektionszahlen in die Kamera zu halten und sich dabei selbst als kompetenter Krisenmanager zu feiern.

Man darf sich aber nichts vormachen. Nachdem die Infektionszahlen am Ende der Sommerferien logischerweise ins Steigen geraten sind, was wie schon in 2020 hauptsächlich mit dem feigen Umgang der Bundesregierung mit der Türkei und den deutsch-türkischen Reiserückkehrern zu tun hatte, ist der aktuelle Sinkflug natürlich nur eine Momentaufnahme. Ich gehe davon aus, dass die Infektionszahlen spätestens Mitte Oktober wieder ansteigen werden. Wie stark wird davon abhängen, wie hoch die Quote bei den Impfdurchbrüchen sein wird. Die 20 Millionen Ungeimpfte werden den Kohl nicht mehr fett machen, zumal bereits die Hälfte von ihnen inzwischen auf natürlichem Wege einen Corona-Infektion durchlaufen haben. Wie hoch die Durchseuchung genau ist, wissen wir natürlich nicht. Wie auch, wir haben doch erst seit 19 Monaten eine Pandemielage.

Aber auch wenn wir den Zynismus hinsichtlich der eklatanten Informationslücken in Sachen Corona mal beiseitelassen, steht trotzdem immer noch in den Sternen inwieweit die steigenden Infektionszahlen überhaupt adäquat bemerkt werden können (Anm.d.Red.: Gut, ein reales Infektionsgeschehen wurde ohnehin noch nie abgebildet. Man hat irgendwann im Frühjahr 2020 in Politik und Medien ganz selbstverständlich damit angefangen, sich und der Bevölkerung die Zahl der positiven PCR-Tests als das wirkliche Infektionsgeschehen vorzugaukeln. Ein Trugschluss, denn es wirken zu viele Einflussfaktoren auf diese Zahl. So kann und wurde sie auch stets bewusst oder unbewusst manipuliert, beispielsweise durch zielgerichtetes Testen oder schwankende Testkapazitäten. Das ist am Ende in etwa so repräsentativ, als würde man versuchen durch eine Umfrage auf dem Parteitag der Grünen eine verlässliche Wahlprognose für nächsten Sonntag zu erhalten.  Wiederkehrende Tests in einem festgelegten Querschnitt der Bevölkerung hat es aber nie gegeben und dürfte auch von der Regierung wegen der fehlenden Stellschrauben auch nie gewollt gewesen sein).  Durch das zielgerichtete Schnelltesten, hauptsächlich an Schulen oder auf Flughäfen am Ende der Ferien, hatte man in 2021 eigentlich nie eine Chance ein reales Infektionsgeschehen abzubilden (Anm.d.Red.: Siehe unter anderem meinen Blog vom 02.06.21, `Kritik der reinen Unvernunft´). Diese ohnehin sehr große Unschärfe wird uns auch in diesem Herbst begleiten, und zwar dergestalt, dass die 7-Tages-Inzidenz immer stark hinter dem realen Infektionsgeschehen hinterherhinken wird.

Dieser Effekt wird zum einen dadurch verstärkt, dass die Impfdurchbrüche nach wie vor irgendwo zwischen Verharmlosung und Totschweigen rangieren. Schließlich will man weiter eine Pandemie der Ungeimpften vorgaukeln, mit dem Ziel, noch so viele wie irgend möglich zum Impfen zu zwingen. Dummerweise sieht deshalb kaum ein Geimpfter einen Grund, einen Schnelltest oder gar einen PCR-Test durchführen zu lassen (Anm.d.Red.: Die wenigen Geimpften, die trotzdem getestet werden, zum Beispiel weil sie ins Krankenhaus müssen oder unerwartet starke Symptome verspüren, werden in der altbekannten Statistik ohnehin nicht separat aufgeführt, so dass man weder weiß, wie stark die Impfdurchbrüche an den Gesamtinfektionen beteiligt sind, noch wie gesagt wie hoch die Infektionszahlen überhaupt sind).

Hauptgrund für die Diskrepanz zwischen Statistik und realem Infektionsgeschehen werden aber die kostenpflichtigen Schnelltests ab dem 11.10.22 werden. Denn an dem Tag, beziehungsweise in den sieben Tage nach der Einführung des kostenpflichtigen Tests (Anm.d.Red.: Die unsägliche Inzidenz wird schließlich auf eine Woche berechnet) werden die Inzidenzen dramatisch fallen. Nicht weil irgendwelche dummen Sandkastenstrategien gegriffen hätten oder über Nacht für die geistig Armen in der Bevölkerung und Regierung Hirn vom Himmel gefallen wäre, sondern weil ausgerechnet diejenigen nicht mehr so zahlreich zum Testen gehen, die es eigentlich sollten – die Ungeimpften. Übrig bleibt ein reduzierter Haufen Geimpfter, der entweder aus Langeweile im weißen Testzelt aufläuft oder weil er, von der Regierung in Dauerpanik versetzt, bei einem Hüsterchen dort erscheint. Insbesondere wenn man verstärkt auf 2G setzen wird, wird der Strom der Ungeimpften versiegen. Wozu soll der Ungeimpfte einen kostenpflichtigen Test machen, wenn er damit ohnehin nicht in die Kneipe darf?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Idioten der Söder-Fraktion ´Vorsicht´ nicht selbst ins Knie geschossen haben, als sie die Nummer mit den kostenpflichtigen Tests durchgezogen haben. Vielmehr dürfte es sich um einen genialen Schachzug handeln, wie die Verantwortlichen mit einer, künstlich niedrig gehaltenen Zahl positiver PCR-Tests ihr Versprechen halten kann, den Lockdown in der vierten Welle zu verhindern. Dabei spielt es keine Rolle, wer diese Verantwortlichen im Herbst sein werden, denn dieses Versprechen haben alle Parteien abgegeben, die eine Chance auf eine Regierungsbeteiligung haben.

 

Apropos, am Sonntag ist Bundestagswahl. Es gibt also nun Wichtigeres, als sich um Corona zu kümmern. Zum Beispiel sich angesichts der Möglichkeit einer linken Regierung am Boden zusammenrollen und sich wimmernd hin- und herwiegen. Schönes Wochenende!